Hopfen gehört zur Gattung der Hanfgewächse und wird bekanntlich zum Bierbrauen benötigt. Deutschland ist ein Bierland – kaum verwunderlich, dass ein Drittel des weltweit verarbeiteten Hopfens hierzulande angebaut wird. Die Europäische Union stellt in ihrem aktuellen Bericht nun fest, dass es seit Jahren in Deutschland Verzögerungen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln für Hopfen gibt.
Dies, obwohl für diese hochwertige Kulturpflanze ohnehin nur eine kleine Anzahl von Spritzmitteln zur Verfügung stehe. Ein Beispiel für die Kritik, die der Industrieverband Agrar an der Zulassungspraxis für Pestizide in Deutschland hat, Martin May, Pressesprecher des Verbandes:
"Einer der wichtigsten Punkte ist, dass die Behörden in Deutschland die Fristen nicht einhalten. Es gibt fast keinen dokumentierten Fall, bei dem ein Zulassungsantrag eines Herstellers in der vom Gesetz vorgesehenen Zeit auch wirklich beschieden worden wäre. Wenn Sie sich selbst vorstellen, Sie gehen zur KFZ-Stelle und möchten ein Auto zulassen, da gibt es auch ein klares Verfahren, da gibt es auch klare Regeln, wie das zuzulassen ist. Und wenn Sie dort immer abgewiesen würden mit dem Hinweis, es ist gerade keine Kapazität oder man ist sich noch nicht klar, welche Regeln gelten. Dann kann man sich ungefähr vorstellen, wie frustrierend das für die Hersteller ist."
Zulassungsbehörden arbeiten oft unkoordiniert
Weiterer Kritikpunkt des Industrieverbandes: Während in den meisten Mitgliedstaaten der EU die Zuständigkeit für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bei einer zentralen Behörde liege, seien in Deutschland die Aufgaben auf vier Behörden verteilt: das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das Julius Kühn-Institut, dies ist das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, das Bundesinstitut für Risikobewertung sowie das Umweltbundesamt.
Der aktuelle Bericht der EU zeige: Diese vier Zulassungsbehörden arbeiten oft unkoordiniert nebeneinander her und stimmen sich zu wenig mit europäischen Partnerbehörden ab. Industrieverbandssprecher Martin May:
"Unsere Position als Industrie ist letzten Endes: Das Zulassungsverfahren muss funktionieren, und wir glauben, dass es am Besten ist, wenn einer das sagen hat. Sprich – es muss eine Behörde geben, die im Bereich des Landwirtschaftsministeriums angesiedelt ist, die für das Verfahren insgesamt zuständig ist und die Verantwortung hat."
Umweltschützer verteidigen Behörden
Umweltschützer lehnen diese Forderung des Industrieverbandes Agrar ab. Christian Rehmer leitet den Bereich Agrarpolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
"Aus Sicht des Industrieverbandes wäre es natürlich schön, wenn nur das Landwirtschaftsministerium über so was beschließt. Aus unserer Sicht natürlich nicht. Ein Pflanzenschutzmittel, ein Pestizid hat Wirkungen für die Bäuerin und den Bauer auf seine Ackerkultur, okay. Das würde legitimieren, dass das Landwirtschaftsministerium drauf schaut.
Aber es hat eben auch Auswirkungen auf Natur, auf Umwelt, auf Gewässer, auf die menschliche Gesundheit. Und deswegen ist es nur richtig, dass dort mehrere Behörden, mehrere Ministerien mit drauf schauen auf so einen Zulassungsprozess. Weil es ihre Pflicht ist, diese entsprechenden Schutzgüter auch im Blick zu haben."
Der BUND fordert überdies mehr unabhängige Gutachter für die Zulassungsverfahren und eine Ausweitung der Untersuchungsbereiche in der Natur – etwa die Auswirkung von Pflanzenschutzmitteln auf Amphibien, die bisher nicht untersucht werde. Christian Rehmer:
"Das ist besonders wichtig, weil dort im Wasser-Ökosystem, wo halt Pestizide halt oft leider landen, Amphibien leben und durch ihre Haut viel schneller Pestizide aufnehmen können, als andere Tiere, die untersucht werden."
Industrieverband gegen weitere Umweltauflagen
Der Industrieverband Agrar lehnt jedoch eine Ausweitung der Umweltauflagen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ab und fordert stattdessen eine Entbürokratisierung der Verfahren in Deutschland.