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EU- Flüchtlingsgipfel
Die Uneinigkeit bleibt

Heute beginnt in Brüssel der Flüchtlingsgipfel. Im Mittelpunkt stehen die Umsetzung der Beschlüsse des letzten Gipfels sowie die Rolle der Türkei in der Flüchtlingsfrage. Nach Ansicht von EU-Ratspräsident Tusk kommt momentan dem Schutz der EU-Außengrenzen eine zentrale Bedeutung zu. Viel Hoffnung auf Einträchtigkeit bei dieser und anderen Fragen besteht aber nicht.

Von Annette Riedel |
    Flüchtlinge in einem Schlachboot erreichen die griechische Insel Lesbos.
    In einem Schlauchboot erreichen Flüchtlinge die griechische Insel Lesbos: Über ihr Schicksal wird auf dem EU-Gipfel entschieden (picture alliance / dpa / Yannis Kolesidis)
    "Die Entscheidungen sind alle da – wir müssen jetzt alle mitmachen, dass das europäisch auch gelöst wird. Dann sehe ich keine Probleme, dass wir das auch schaffen können."
    Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn gibt sich optimistisch. Aber die Umsetzung von Beschlossenem ist eben in den EU-Ländern teilweise mehr als mangelhaft, kritisierte EU-Kommission-Vizepräsident Frans Timmermans:
    "Offen gesagt – die EU-Länder sollten jetzt einfach tun, was sie beim letzten Gipfel versprochen haben."
    Versprochen haben sie, die von der EU-Kommission bereit gestellten Mittel in Milliarden-Höhe durch nationale Mittel zu ergänzen, um Syriens Nachbarländer und die Vereinten Nationen dabei zu unterstützen, die Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern zu verbessern.
    Umsetzung? Weitestgehend Fehlanzeige. Nur wenige Länder haben das bis jetzt getan.
    Verpflichtet haben sie sich, weitere 1.000 nationale Experten zur Verfügung zu stellen, die beim Aufbau der sogenannten "Hotspots" in Griechenland und Italien zur geordneten Registrierung der ankommenden Menschen helfen sollen, beziehungsweise die EU-Grenzschutzagentur Frontex verstärken sollen. Frontex soll deutlich mehr Aufgaben übernehmen, etwa bei der Rückführung von möglichst schon an den Außengrenzen als nicht asylberechtigt identifizierten Ankömmlingen.
    "Die EU-Kommission beunruhigt die Lücke zwischen den Verabredungen im September und dem, was jetzt auf dem Tisch liegt."
    Auch was die hart errungene Verteilung von 160.000 Schutzbedürftigen in den kommenden zwei Jahren aus Italien und Griechenland auf alle EU-Länder angeht, fehlen noch immer konkrete Angebote von den meisten Ländern, in welchem Zeitraum sie die ersten dieser Menschen aufnehmen.
    Tusk: Schutz der EU-Außengrenzen hat zentrale Bedeutung
    Bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise kommt nach Ansicht von EU-Ratspräsident Tusk, dem Schutz der EU-Außengrenzen die zentrale Bedeutung zu:
    "Wir müssen unsere Politik der offenen Türen korrigieren. Der Fokus sollte nun auf der ordentlichen Kontrolle der EU-Grenzen liegen und der ordentlichen Unterstützung der Flüchtlinge in unseren Nachbarländern."
    Spätestens da kommen die Beziehungen zur Türkei ins Spiel. Die EU-Kommission führt politische Gespräche mit Ankara; die Bundeskanzlerin wird am Wochenende Nämliches tun – alles der Erkenntnis geschuldet, dass der Türkei als Durchgangsland vieler Asylbewerber auf dem Weg in die EU eine Schlüsselrolle in der Flüchtlingskrise zukommt.
    Die Regierung Erdogan erwartet von den Europäern Gegenleistungen – politische und finanzielle – wenn sie sich bereit erklären soll, die Lage der über zwei Millionen Flüchtlinge in ihren Grenzen so zu verbessern, dass sich nicht viele von ihnen letztlich auch auf den Weg in die EU machen.
    Vize-Kommissionspräsident Timmermans: Die EU braucht die Türkei
    "Die EU braucht die Türkei und umgekehrt. Vielleicht ist jetzt der Moment, Dinge voranzutreiben, über die schon länger intensiver hätte gesprochen werden sollen, zum Beispiel Visa-Erleichterungen für türkische Bürger," meint EU-Vize-Kommissionspräsident Timmermans. Dazu gehört die noch ungeklärte Frage, ob die Türkei künftig als sicheres Herkunftsland gelten kann. Diskussionen: ja. Beschlüsse heute: nein.
    Das gilt auch für Pläne der EU-Kommission, den Schutz der EU-Außengrenzen perspektivisch weniger national, sondern stärker europäisch zu organisieren. Und das gilt für Reparaturarbeiten am mittlerweile diskfunktionalen Dublin-System, nach dem die Aufnahme von Flüchtlingen prinzipiell einigen wenigen Ländern mit EU-Außengrenzen obliegt.
    Der grünen EU-Abgeordneten Ska Keller gehen die Diskussionen im Grunde in die falsche Richtung:
    "Was der Europäische Rat beschließen sollte, ist: Wie verstärken wir die Aufnahmekapazitäten; wie bekommen wir es hin, dass alle Staaten ein ordentliches Asylsystem haben; wie verteilen wir die Flüchtlinge anders und fairer – aber mit diesen Fragen werden sie sich überhaupt nicht auseinandersetzen, sondern einfach nur auf die Grenzen und die Abschottung setzen. Und das wird einfach das Problem nicht lösen."
    Mangels Beschlussfähigem kann es gut sein, dass aus dem geplanten zweitägigen EU-Gipfel ein eintägiger wird.