Maria Iliewa ist Mitte 30. Zehn Jahre davon hat sie in Amerika gelebt, wo sie einen guten Job, eine schöne Wohnung und viele Freunde hatte. Doch dann zog es sie zurück nach Bulgarien, vor allem zu ihrer Familie. Zurück in Sofia arbeitet sie für eine Nichtregierungsorganisation mit vielen Ausländern zusammen. Von ihren alten und neuen bulgarischen Freunden wollen etliche weg – Maria kann sie gut verstehen:
"Sie wollen an einem Ort leben, wo die Leute bekommen was sie brauchen, wo sie, wenn sie gut arbeiten, auch gut leben können. Außerdem sehen hier viele für sich keine Zukunft mehr."
Ab Januar 2014 können sich Bulgarinnen und Bulgaren frei auf dem europäischen Arbeitsmarkt bewegen. Lange musste das EU-Mitgliedsland darauf warten. Der britische Premier Cameron und auch Politiker anderer EU-Mitgliedsländer rechnen mit einer Welle von bulgarischen und rumänischen Arbeitskräften. Sie malen das Bild von "Sozialtouristen" an die Wand, Schmarotzer, die nicht arbeiten wollen und die Sozialsysteme belasten. Mit drastischen Maßnahmen soll das verhindert werden. Die Bulgarin Maria kann darüber nur den Kopf schütteln:
"Das ist ein Beispiel für die Diskriminierung von Bulgaren und Rumänen. Ich war in London, dort sah ich viele Immigranten auf der Straße, die meisten kommen aus Afrika oder Asien. Wir Europäer sind keine Immigranten. Wir sind Mitglieder einer Solidargemeinschaft in Europa. Alle Menschen haben eine Chance verdient und sollten nicht ausgeschlossen werden."
Schätzungsweise rund 8.000 Bulgaren und Bulgarinnen wollen pro Jahr ihr Land verlassen - das zu den ärmsten in der Europäischen Union gehört.
Eineinhalb Millionen Menschen sind seit den 1990er-Jahren schon weg gegangen. Die Mehrheit von ihnen ist gut ausgebildet, hat Arbeit und zahlt Steuern – auch in Deutschland.
Die 30-jährige Theodora Sotirowa hat einen Bachelor, einen Master, einen recht guten Job in Sofia und trotzdem will die Bulgarin weg:
"Mein Plan ist nach England zu gehen, dort ist mein Markt. Außerdem mag ich die Mentalität der Engländer, ihre Art Geschäfte zu machen. Sie unterscheidet sich von der in anderen Ländern der Europäischen Union, vor allem von der auf dem Balkan. Ich habe in England auch mehr Möglichkeiten mich weiter zu entwickeln. Ich möchte dort die Arbeit, die ich hier in Sofia mache, fortsetzen internationales Entwicklungsmanagement und Unternehmensberatung - dort liegen meine Kompetenzen."
Theodora Sotirowa kennt die bulgarischen Probleme, den Markt und die Menschen – gut für englische Unternehmen die bulgarische Partner suchen. Die junge Mutter will mit Kind und ihrem Mann – einem Ingenieur - nach England. Er lernt derzeit Englisch.
Die junge Bulgarin ist sich sicher, dass sie in England beide schnell Arbeit finden werden und eine Zukunft für ihr Kind, für die sie beide hart arbeiten wollen.