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EU-Gipfel
Deutliche Worte gegenüber Russland

Die Hängepartie um den Handelspakt CETA hat den EU-Gipfel in Brüssel überschattet. Das Abkommen der EU mit Kanada ist fürs erste weiter blockiert. In der Migrationspolitik einigten sich Kanzlerin Merkel und ihre EU-Kollegen dagegen auf eine strikte Linie. Auch gegenüber Russland zeigten sich die Gipfelteilnehmer entschlossen.

Von Thomas Otto | 21.10.2016
    Die Teilnehmer des EU-Gipfels in Brüssel.
    Die Teilnehmer des EU-Gipfels in Brüssel. (imago/Xinhua)
    Es sind deutliche Worte, die die 28 EU-Staats- und Regierungschefs gegenüber Russland gefunden haben. Im Abschlussdokument zum Thema Außenbeziehungen heißt es: Der Europäische Rat verurteilt die Angriffe des Syrischen Regimes und seiner Alliierter – insbesondere Russlands – auf Zivilisten in Aleppo. Ratspräsident Donald Tusk nach dem Treffen: "Es ist nicht unser Ziel, die Spannungen mit Russland zu erhöhen. Wir reagieren einfach auf das, was Russland tut. Die EU ist stets zum Dialog bereit. Aber wir werden unsere Werte und Prinzipien niemals infrage stellen."
    Oberstes Ziel sei es jetzt, humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Aleppo bereitzustellen, betonte Bundeskanzlerin Merkel. Gleichzeitig unterstrich sie aber: "Dass wir die menschenverachtenden Bombardierungen nicht akzeptieren können und dass wir – wenn diese Art von Verletzungen auch weitergeht – natürlich auch alle verfügbaren Maßnahmen ins Auge fassen werden, um darauf zu reagieren."
    Notfalls eben auch mit neuen Sanktionen der EU gegenüber Russland. Österreichs Bundeskanzler Kern erklärte zugleich: "Heute Abend hat niemand Sanktionen gefordert."
    Grenzkontrollen innerhalb der Schengen-Zone weiter möglich
    Eng verbunden mit der Lage in Syrien ist das Thema Flucht und Migration. Hier soll weiter an Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Staaten – ähnlich dem EU-Türkei-Abkommen – gearbeitet werden. Gleichzeitig soll es weiter die Möglichkeit geben, Grenzkontrollen innerhalb der Schengen-Zone einzurichten. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf Druck von Deutschland, Dänemark und Österreich, hieß es aus Verhandlungskreisen.
    "Unser Ziel muss es natürlich sein, die europäischen Außengrenzen zu schützen, die Schengen-Grenzen zu schützen. Solange das aber nicht funktioniert, solange immer noch Flüchtlinge über die Balkanroute zu uns kommen, müssen wir die Möglichkeit haben, hier Maßnahmen zu setzen – auch auf nationaler Basis", so Österreichs Bundeskanzler Christian Kern.
    Eigentlich gar nicht auf der gestrigen Agenda und trotzdem allgegenwärtiges Thema: CETA, das Freihandelsabkommen mit Kanada. Nur wenn die Wallonie – der französischsprachige Teil Belgiens - dem Abkommen zustimmt, kann auch Belgien selbst zusammen mit den anderen 27 EU-Staaten sein OK geben. Bisher lehnen die Abgeordneten CETA aber ab. Christian Kern mutmaßt deshalb: "Man darf da nicht übersehen, dass es natürlich in Belgien um eine Reihe von Motiven geht, auch um innenpolitische Motive geht – auch um die Frage: Verbessert das meine Wahlchancen demnächst, oder nicht?"
    Keine Bewegung beim Thema CETA
    Parallel zum Gipfel in Brüssel arbeiteten EU-Kommission, Botschafter und Vertreter Kanadas den ganzen Abend daran, die Abgeordneten des Wallonischen Parlaments von einer Zusatzerklärung zu überzeugen. Das allerdings ohne Erfolg.
    "Ich bestehe darauf, wir brauchen dieses Handelsabkommen mit Kanada. Es ist das Beste, das wir je abgeschlossen haben. Wenn wir kein Handelsabkommen mit Kanada abschließen können, wie dann mit anderen Ländern? Deshalb hoffe ich, dass wir im Laufe der Nacht und des Freitages alle Beteiligte überzeugen können, zuzustimmen", kommentierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
    Für den heutigen Morgen war ein Treffen des wallonischen Ministerpräsidenten Magnette mit der kanadischen Handelsministerin Chrystia Freeland geplant. Danach will Magnette das wallonische Parlament informieren. Die Zeit drängt: Schon kommenden Donnerstag wollen EU und Kanada feierlich CETA unterzeichnen.