Vor dem Brüsseler EU-Gipfel brachte Alexis Tsipras noch einmal seine Vorstellungen eines Politikwechsels auf den Punkt. Es sei Zeit, "eine europäische Wachstumsagenda vorzulegen", sagte der griechische Ministerpräsident nach einem Treffen mit seinem belgischen Amtskollegen Charles Michel in der belgischen Hauptstadt. Wie genau diese Agenda ausgestaltet werden soll, darüber sind sich Griechenland und die anderen EU-Mitgliedsstaaten längst nicht einig.
Griechenland fordert eine Neuverhandlung seines Rettungsprogramms, konnte sich in der Nacht aber mit den Finanzministern der Euroländer nicht einigen. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem habe nach den sechsstündigen Beratungen nur auf Montag verweisen können, berichtet Thomas Otto im Deutschlandfunk. Dann wollen die Finanzminister nämlich weiterverhandeln. Der Hauptstreitpunkt war laut Medienberichten eine Formulierung, die das laufende Hilfsprogramm verlängert und damit auch die Auflagen für Griechenland hätte. Hiermit soll der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis nicht einverstanden gewesen sein.
Zeitgleich zu dem Treffen der Finanzminister waren in Athen und Thessaloniki mehr als 20.000 Menschen auf die Straße gegangen. Sie hätten ihrer Regierung den Rücken gestärkt, berichtet Thomas Bormann im Deutschlandfunk.
Offiziell gar nicht Thema
Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, bezeichnete im Deutschlandfunk das Verhalten der neuen Regierung in Athen mit dem von "Halbstarken". Er betonte, die existierenden Vereinbarungen mit Griechenland seien auch für die jetzige Regierung verpflichtend.
Beim heutigen Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel steht die Griechenland-Frage gar nicht offiziell auf dem Programm. Griechische Regierungskreise gehen allerdings davon aus, dass das Thema am Rande durchaus besprochen wird. Zumal es zu einer Premiere kommt: Zum ersten Mal begegnen sich Angela Merkel und Alexis Tsipras persönlich, seitdem dieser griechischer Ministerpräsident ist.
Minsk wird das große Thema
Der Beginn des Gipfels verzögerte sich um zwei Stunden, da Merkel und der französische Staatspräsident François Hollande am Morgen noch zu einem Ukraine-Krisentreffen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk waren.
Nach 17 Stunden langen Verhandlungen einigten sich die Parteien auf eine Waffenruhe für das Kriegsgebiet Donbass. Diese soll nach Angaben von Kremlchef Wladimir Putin und der Bundesregierung ab Sonntag 0.00 Uhr gelten. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko wollte den Gipfel-Teilnehmern über die Lage in seinem Land berichten.
Nach den blutigen Anschlägen von Paris im Januar sollte es auch um den Kampf gegen den internationalen Terrorismus gehen.
(bor/tön)