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EU-Handelspolitik bis 2030
Mehr Offenheit, Nachhaltigkeit und Durchsetzungsfähigkeit

In der Handelspolitik der Europäischen Union gibt es derzeit einige Baustellen, wie das Investitionsabkommen mit China oder der noch nicht ratifizierte Handelspakt mit Großbritannien. Mit neuen Leitlinien definiert die EU nun die Handelspolitik bis 2030.

Von Peter Kapern |
Gestapelte Container mit unterschiedlichen Firmenaufdrucken
35 Millionen Jobs sind in der EU vom Export abhängig (picture alliance / blickwinkel/McPHOTO/C. Ohde | McPHOTO/C. Ohde)
Im Welthandel will die Europäische Union auch künftig die Rolle des Guten spielen, aber nicht mehr länger die des Harmlosen. So lässt sich auf den Punkt bringen, was Vize-Kommissionspräsident Valdis Dombrowskis heute in Brüssel vorstellte. Das Konzept für die europäische Handelspolitik der kommenden Dekade:
Europa überdenke die Rolle des Handels und der Handelspolitik in einer Welt zunehmender geopolitischer Konflikte und wirtschaftlicher Umbrüche, so Dombrowskis, der die Ziele einer neu ausgerichteten Handelspolitik mit drei Worten kennzeichnete: Offen, nachhaltig und durchsetzungsfähig soll sie sein, die neue Handelspolitik der EU.
Offen, weil die EU mit ihrer vom Export abhängigen Wirtschaft auch künftig Handelsabkommen mit Drittstaaten abschließen will. Schließlich sind nach Berechnungen der EU-Kommission 35 Millionen Jobs in der EU vom Export abhängig.

Neue Handelspolitik soll nachhaltig sein

Nachhaltig soll die neue Handelspolitik sein, weil die EU in Handelsabkommen stärker als bislang ihre langfristigen politischen Ziele verankern will, etwa den Klimaschutz oder das Ziel eines fairen Welthandels. Produkte aus Zwangsarbeit zum Beispiel sollen vom europäischen Markt ausgeschlossen werden.
Containerschiff "Xin Ou Zhou" aus Shanghai in China bei der Containerverladung am Containerterminal Eurokai, links, und andere Schiffe am Burchardkai im Hamburger Hafen
Die deutschen Exporte laufen trotz Corona-Pandemie
Die starke Exportwirtschaft ist mitverantwortlich dafür, dass sich Deutschland die ganzen Corona-Hilfsmaßnahmen überhaupt leisten kann. Die jüngsten Zahlen lassen hoffen, dass das auch in nächster Zeit weiter so sein wird.
Und wer mit der EU einen Handelsvertrag abschließen will, muss sich künftig verpflichten, die Ziele des Pariser Klimaabkommens einzuhalten, und zwar jederzeit nachprüfbar. Zustimmung dazu von Anna Cavazzini, der Handelsexpertin der Grünen im Europaparlament, aber mit Einschränkungen:
"Diese neue und grüne Rhetorik dieser Strategie weist klar in die richtige Richtung. Das große Manko der neuen Handelsstrategie der Europäischen Kommission: Die bestehenden und bereits ausgehandelten Abkommen sollen nicht angetastet werden."
Was die Durchsetzungsfähigkeit angeht, so will die EU die Lehren aus den letzten Jahren ziehen.
Von der Trump-Administration ist sie mit Strafzöllen und Handelsbarrieren drangsaliert worden, ohne echte Gegenwehr. China verschafft trotz jahrelanger Verhandlungen seiner Wirtschaft nach wie vor unfaire Vorteile auf den Weltmärkten. Durch subventionierte Staatsbetriebe und fehlenden Schutz geistigen Eigentums.
Container stapeln sich vor Verladekränen im Hafen von Piräus, Griechenland. Der Hafen ist mehrheitlich im Besitz von China Ocean Shipping Company (COSCO), der drittgrößten Containerschiff-Reedereien der Welt. Das Unternehmen ist ein volkseigener Betrieb der Volksrepublik China mit Sitz in Peking. Im Oktober 2009 mietete Griechenland die Docks 2 und 3 von PPA für einen Zeitraum von 35 Jahren an COSCO . Für seine Präsenz im Hafen zahlt COSCO jedes Jahr 100 Millionen Euro.
Corona: Die Veränderung der Weltwirtschaftsordnung beschleunigt sich
Fehlende Atemschutzmasken, zu wenig Kittel und Handschuhe: Die Corona-Pandemie hat im Frühjahr die Risiken der globalen Arbeitsteilung offengelegt. Aber auch schon vor der Pandemie hatte ein Umdenken eingesetzt: aus wirtschaftlichen, aber auch aus politischen und ökologischen Gründen.
Und die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie anfällig die EU-Wirtschaft ist, wenn einmal globale Lieferketten unterbrochen werden. Deshalb zielt die EU mit ihrer neuen Handelspolitik auf eine sogenannte Offene Strategische Autonomie. Der CDU-Europaabgeordnete Sven Simon:
"Offene Strategische Autonomie bedeutet, dass wir weiterhin freien Handel betreiben möchten. Aber schon darauf schauen, dass wir uns nicht mehr in Abhängigkeiten begeben."
Das bedeute aber keine politische Äquidistanz zu China und den USA, wie Valdis Dombrowskis betonte. Den USA sei man durch gemeinsame Werte enger verbunden als jedem anderen Handelspartner.

Hoffen auf ein Ende der WTO-Blockade durch die USA

Deshalb hofft die Kommission auch darauf, mit der neuen US-Administration den Konflikt um die Welthandelsorganisation WTO lösen zu können.
Donald Trump hatte die Berufung neuer Richter für deren Berufungsinstanz so lange blockiert, bis das Gremium arbeitsunfähig war.
Wenn man nur die Blockade der Richterberufung beenden würde, so Dombrowskis, dann würde die Berufungsinstanz wieder funktionieren. Und die EU sei auch bereit, wie von den USA verlangt, über eine Reform der Arbeitsweise des WTO-Gerichts zu reden, um dessen Funktionieren zu verbessern.