Bei der Nichtregierungsorganisation Praksis. Die zehn Sitzplätze im schmalen Wartezimmer sind alle schon besetzt, Mütter haben ihre kleinen Kinder auf dem Schoß; viele Flüchtlinge warten im Stehen. Sie alle wollen am europäischen Umverteilungsprogramm teilnehmen. Dadurch sollen in den nächsten zwei Jahren über 66.000 Flüchtlinge von Griechenland aus in ein anderes EU-Land geschickt werden, erklärt Sozialarbeiterin Fey Drakopoulou:
"Jetzt, wo es immer wahrscheinlicher wird, dass die Grenzen komplett schließen könnten, wollen immer mehr Flüchtlinge am Programm teilnehmen. Wir müssen gucken, wie das weitergeht. Denn die Umverteilung ist ja nur für eine begrenzte Anzahl von Menschen."
Unter den Antragstellern ist auch der 35-jährige Mohammed Yamen aus Syrien. Der dreifache Familienvater hofft, bald weiterreisen zu dürfen.
Zwei Monate von Antrag bis zur Ausreise
"Ich kann nicht illegal weiter. Das ist zu gefährlich, besonders für Familien. Ich hatte vor fünf Tagen ein Gespräch bei der französischen Botschaft und warte nun darauf zu erfahren, ob ich akzeptiert oder abgelehnt werde."
Vom Antrag bis zur Ausreise dauert es meistens zwei Monate oder mehr. Wenn es darum geht, Flüchtlinge aufzunehmen, seien viele EU-Länder eher zurückhaltend, sagt Petros Mastakas vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR:
"Jeder Staat ist verpflichtet, die Zahl aufzunehmen, die für ihn vorgesehen ist. Bisher aber sind nur rund 300 Menschen aus Griechenland umverteilt worden. Die anderen EU-Länder halten sich eher zurück und das hat auch damit zu tun, dass sie schon Flüchtlinge auf anderem Wege aufnehmen müssen. Wir aber als UNHCR glauben sehr an den Erfolg des Umverteilungsprogramms: Es die einzige legale Alternative für die Weiterreise dieser Menschen."
Bis die Flüchtlinge tatsächlich ausgeflogen werden, kümmert sich die Organisation Praksis um eine Bleibe für sie. Im Moment sind sie noch in Hotelzimmern in der Athener Innenstadt untergebracht, bald aber sollen die Familien in richtige Wohnungen einziehen. 20.000 Menschen sollen so ein einigermaßen normales Leben führen, bis sie in das Land, das sie aufnehmen will, weiterreisen können, erklärt Alkis Souliotis, der für Praksis nach passenden Wohnungen sucht.
Geld für Hotels und Wohnungen kommt von der EU
"Unser Ziel ist, dass nur hundert fünfzig Menschen in Hotels bleiben und alle anderen Wohnungen beziehen können. Das ist preiswerter. Das Hotel kostet am Tag rund vierzig Euro pro Person, eine Wohnung rund sieben Euro. Und die Menschen haben eine andere Lebensqualität. Jeder will doch seine Unabhängigkeit: Man möchte zum Beispiel für sich kochen und seine Lebensmittel alleine besorgen können."
Das Geld für die Hotels und Wohnungen kommt von der Europäischen Union: Rund achtzig Millionen Euro wurden für das Programm bewilligt, umgesetzt wird es vom UNHCR und seinen Partnerorganisationen, also auch von der NGO Praksis.
Für Mohammed Yamen würde eine eigene Wohnung viel mehr bedeuten als nur ein Dach über dem Kopf.
"Ich wünsche mir ein Zuhause für meine Kinder. Ich denke, am Anfang wird es ein komisches Gefühl sein, denn in Syrien hatten wir die letzten drei Jahre kein Haus mehr. Es ist lange her, als ich mich das letzte Mal wie ein normaler Mensch gefühlt habe."
Vom EU-Programm profitieren können aber nicht alle Flüchtlinge. Wer von der Umverteilung ausgeschlossen ist, bleibt auch bei den Wohnungen außen vor- das ist zum Beispiel bei afghanischen Flüchtlingen der Fall. Diese müssen entweder in die überfüllten Flüchtlingsunterkünfte oder übernachten auf der Straße.
Und da Mazedonien – wenn überhaupt – nur noch Syrer und Iraker über die Grenze lässt, gibt es für alle anderen nach Zentraleuropa nur noch den illegalen Weg – mit Hilfe der Schlepper.