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EU-Innenministertreffen
Debatte um die EU-Außengrenzen

Vor allem eine bessere Grenzsicherung steht im Mittelpunkt der Diskussionen zwischen den EU-Innenministern. Einerseits setzen immer mehr Länder das Schengen-Abkommen und damit die Reisefreiheit aus, andererseits soll die europäische Grenzschutzagentur Frontex deutlich gestärkt werden - in der Kritik steht dabei vor allem Griechenland.

Von Annette Riedel |
    EU-Innenminister treffen sich in Amsterdam.
    EU-Innenminister treffen sich in Amsterdam. (picture alliance / dpa / Bart Maat)
    Unter Zeitdruck diskutierten die EU-Innenminister in Amsterdam über die Probleme im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise. Nicht weniger als eine der größten Errungenschaften der EU – die Reisefreiheit – stehe auf dem Spiel. Zunehmend, mahnte nicht nur EU-Migrationskommissar Avramopoulos:
    "Uns läuft zweifellos die Zeit weg. Wir können uns nicht leisten, so weiter zu machen."
    Vor allem nicht, was die Umsetzung von Beschlossenem auf allen Ebenen angeht: Von der Umverteilung von Flüchtlingen über die Vereinbarungen mit der Türkei, um den Zustrom von Flüchtlingen über das Mittelmeer substanziell zu vermindern. Bis zu Zusagen, dass die Unterbringung der Menschen entlang der Balkanroute erheblich verbessert werden soll. Und natürlich, dass die Aufnahmezentren in Italien und vor allem in Griechenland schnell funktionsfähig sein sollen.
    Kritik an Griechenland
    Jedenfalls, so Bundesinnenminister De Maiziere, müsse es jetzt innerhalb kürzester Zeit Entlastung beim Zustrom beziehungsweise der unkontrollierten Weiterwanderung von Asylsuchenden geben:
    "Ich bin davon überzeugt, dass zumindest zu Beginn dieses Tages nicht alle europäischen Staaten den Zeitdruck und den Ernst der Lage erkannt haben. Jeder muss seine Hausaufgaben machen, hoffentlich mit dem Ziel, zu einer europäischen Lösung zu kommen. Und die eilt."
    Griechenland kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Athen fühlt sich zu Unrecht kritisiert. Aber mehrere nördlicher gelegene EU-Länder, wie auch Deutschland, haben nicht zuletzt deshalb vorübergehend zumindest stichprobenartig Grenzkontrollen wieder eingeführt, weil sie nicht darauf vertrauen, dass in Griechenland regelgemäß kontrolliert, registriert und aufgenommen, sondern nach wie vor hauptsächlich durchgewunken wird. Die österreichische Innenministerin Mickl-Leitner:
    "Ich glaube, es ist klar, wenn es nicht gelingt, die europäische Außengrenze – sprich: die griechisch-türkische - zu sichern, dann wird sich die Schengen-Außengrenze in Richtung Mitteleuropa bewegen."
    Und dann bliebe Griechenland de facto außen vor, würde de facto nicht mehr zum Schengen-Raum gehören. Glaubt man Mickl-Leitner und ihrem deutschen Kollegen De Maiziere so hat die Mehrheit der EU-Länder Verständnis, dass Wien und Berlin, wie einige weitere Schengen-Staaten auch, vorübergehend ihre Grenzen wieder kontrollieren.
    Womöglich weitere Kontrolle der Schengen-Außengrenzen
    Der niederländische Migrationsstaatssekretär Klaas Dijkhoff erklärte, im Namen der amtierenden niederländischen EU-Präsidentschaft, dass man die EU-Kommission aufgefordert habe, zu prüfen, ob Deutschland und andere Länder ihre temporären Kontrollen um bis zu zwei Jahre verlängern könnten. Dazu müssten andauernde Mängel an einer Schengen-Außengrenze – der griechischen in dem Fall - festgestellt werden.
    "Dabei geht es nicht darum, ein Land aus dem Schengen-Raum zu stoßen, sondern darum, den anderen Ländern weiterhin vorübergehende Grenzkontrollen zu ermöglichen. Realistischerweise sind die gegenwärtigen Fristen, bis zu denen Kontrollen wieder einzustellen sind, nicht lang genug."
    Bundesinnenminister De Maiziere betonte noch einmal, er wolle das Schengen-System der Reisefreiheit erhalten. Ihm sei daran gelegen, die Kontrollen nicht über Mai hinaus verlängern zu müssen. De Maiziere setzt als mittelfristigen Lösungsansatz auf Pläne der EU-Kommission, die EU-Grenzschutzagentur Frontex zu einem echten europäischen Grenz- und Küstenschutz auszubauen, der notfalls auch ohne Zustimmung eines Landes den Schutz einer Außengrenze übernehmen können soll. Es zeichne sich unter den EU-Ländern inzwischen überraschend viel Zustimmung für die Kommissionspläne ab, obwohl es noch einige offene Fragen gäbe. Es sei aber nicht unrealistisch für diese bis Juni Antworten zu finden.
    "Das Grundprinzip, dass Frontex mehr ist als nur eine Koordinierung und eine Einrichtung, die entschlossen guckt, sondern eine Einrichtung werden kann, die entschlossen agiert – an dieser Grundrichtung sehe ich mindestens mal eine qualifizierte Mehrheit im Rat."