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EU-Kommissare
Befragungen gehen in die zweite Runde

Heute müssen sich erneut zwei umstrittene Kandidaten für die neue EU-Kommission den Fragen der Abgeordneten stellen. Darunter Alenka Bratusek. Die ehemalige Ministerpräsidentin Sloweniens hatte sich selbst, obwohl faktisch im eigenen Land abgewählt, als Kandidatin nach Brüssel geschickt. Das sorgt nicht nur bei den Abgeordneten in Slowenien für große Empörung.

Von Jörg Münchenberg | 06.10.2014
    Die ehemalige Ministerpräsidentin Sloveniens, Alenka Bratusek.
    Die ehemalige Ministerpräsidentin Sloveniens, Alenka Bratusek, stellt sich in einer Anhörung der EU-Kommission. (dpa / picture-alliance / Daniele Mascolo)
    Nach der überraschend holprigen ersten Woche der Parlamentsanhörungen geht es in die zweite Runde. Und auch die dürfte noch einmal spannend werden: Denn zum Einen müssen sich heute gleich zwei umstrittene Kandidaten den Fragen der Abgeordneten stellen.
    Da ist die designierte Vizepräsidentin für den Bereich Energie, Alenka Bratusek. Doch die ehemalige Ministerpräsidentin Sloweniens polarisiert, hat sie sich doch noch selbst, obwohl faktisch im eigenen Land abgewählt, als Kandidatin nach Brüssel geschickt. Das sorgt nicht nur bei den Abgeordneten in Slowenien für große Empörung.
    Ebenfalls in der Kritik Federica Mogherini. Am Ende hatte sie der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi bei den Staats- und Regierungschefs für das EU-Außenamtsressort durchgedrückt, obwohl sie vielen als zu jung und unerfahren gilt. Gerade angesichts der vielen außenpolitischen Krisen von der Ukraine über Syrien bis hin zum Irak hätten sich viele im Parlament einen außenpolitischen Profi gewünscht. Doch Renzi blieb stur und auch die Außenbeauftragte wies die Einwände bei ihrer Ernennung auf dem EU-Sondergipfel Ende August zurück:
    Außenbeauftragte Mogherini: Zu jung und unerfahren
    "Ich bin die Außenministerin eines G7-Landes. Ich habe in verschiedenen Parlamenten gearbeitet und es sind jetzt 20 Jahre, dass ich mich mit europäischen und außenpolitischen Themen befasse. Ich denke, diese institutionelle Erfahrung ist sehr wichtig und die kann ich vorweisen."
    Natürlich werden die Angeordneten heute noch einmal gründlich nachbohren. Doch letztlich dürfte wohl die Sozialdemokratin die Anhörung schadlos überstehen. Bei anderen lässt sich das nicht unbedingt sagen: So muss der Konservative Jonathan Hill morgen nachsitzen und sich einer zweiten Fragerunde stellen.
    Der Brite war ehemaliger Bankenlobbyist und soll nun ausgerechnet für die EU-Finanzmarktregulierung zuständig sein. Doch seine steten Beteuerungen, es gebe keine Interessenkonflikte, konnten nicht überzeugen:
    "Ich habe übrigens all meine Aktien verkauft, ich bin in keinem Aufsichtsrat und deshalb denke ich, dass ich auch keinen Interessenkonflikt habe."
    Ehemaliger Bankenlobbyist soll EU-Finanzmarkt regulieren
    Mögliche Widersprüche sehen einige Abgeordnete auch bei anderen Kandidaten. Der Spanier Miguel Canete – zuständig für Energie und Klima - hatte jahrelang enge Kontakte mit der Ölindustrie gepflegt. Die hat er zwar gekappt; dennoch soll es zunächst eine Überprüfung durch den Rechtsausschuss geben. Obwohl Canete in der letzten Woche vehement für seine politische Unabhängigkeit geworben hatte:
    "Ich wusste nicht, dass ich Energiekommissar werde. Sobald ich das erfahren habe, habe ich meine Anteile verkaufen lassen und mein Sohn verließ den Vorstand. Weder ich noch meine Frau oder mein Sohn haben Anteile oder Posten, weder in diesem Unternehmen, noch in einem damit verbundenen."
    Andere mussten noch bis gestern Abend weitere Fragen schriftlich beantworten: der Sozialist Pierre Moscovici, designierter Kommissar für Wirtschaft und Währung, die Tschechin Vera Jourova – Justiz sowie der Ungar Tibor Naracsics, gesetzt für Kultur und Bildung.
    Droht Juncker-Kommission ein Fehlstart?
    Tatsächlich aber geht es längst nicht nur um die Qualifikation der neuen Kommissare. Zum einen hatte Kommissionschef Jean Claude Juncker von Anfang an auf die Strategie gesetzt, national besonders strittige Ressorts mit Kandidaten genau aus diesen Ländern zu besetzen. Das sollte die Akzeptanz der EU-Politik verbessern helfen. Doch zumindest im EU-Parlament konnte dieser Ansatz bislang nur bedingt überzeugen.
    Aber natürlich spielen auch parteipolitische Motive inzwischen eine wichtige Rolle. Dass die Abgeordneten den Christdemokraten Canete abnicken, ohne dass auch der Sozialist Moscovici grünes Licht bekommen hat, ist dabei kaum vorstellbar. Ein Deal zwischen den maßgeblichen Parteien hätte zudem den Vorteil, dass der neuen Juncker-Kommission ein drohender Fehlstart erst einmal erspart bliebe.