Am dritten Tag der Anhörungen könnte es heute für die neue Juncker-Kommission ernst werden. Denn gleich drei umstrittene Kandidaten müssen sich den kritischen Fragen der Abgeordneten in den jeweiligen Parlamentsausschüssen stellen. Den Auftakt macht dabei heute Nachmittag der Brite Jonathan Hill. Der Konservative mit dem Adelstitel soll das wichtige Ressort für die Bereiche Finanzstabilität und Finanzdienstleistungen übernehmen.
Ausgerechnet ein Brite, heißt es bei vielen Abgeordneten, denn gerade die Regierung in London hatte die angebliche Brüsseler Regulierungswut für die Finanzmärkte wiederholt scharf kritisiert. Auch Hill macht hier keine Ausnahme. Erschwerend kommt dazu, dass der Baron auch als Finanzlobbyist tätig war. Vorsorglich hat ihm Jean-Claude Juncker allerdings die Zuständigkeit für die Banker-Boni bereits entzogen.
Größter Wackelkandidat kommt aus Ungarn
Mögliche Interessenkonflikte sehen viele Parlamentarier auch beim spanischen Christdemokraten Miguel Canete. Der ehemalige Landwirtschaftsminister soll das Schlüsselressort Energie- und Klima übernehmen, dabei werden ihm enge Kontakte zur Ölindustrie nachgesagt. Seine Ölaktien hat er allerdings inzwischen verkauft. Doch bei Umweltverbänden, Sozialdemokraten und Grünen überwiegt die Skepsis: Die Klimapolitik drohe jetzt zum Anhängsel zu werden, heißt es. Zudem halten manche dem selbstbewussten Spanier frauenfeindliche Bemerkungen vor. In einem Fernsehduell behauptete Canete, seine politische Gegnerin geschont zu haben, weil sie eine Frau sei.
Dagegen hat der Kandidat Ungarns, Tibor Navracsics, ganz andere Probleme. Navracsics, Mitglied der Fidesz-Partei, die sich wiederum den Europäischen Christdemokraten angeschlossen hat, soll in der neuen Juncker-Kommission das Ressort Kultur und Bildung übernehmen. Dabei war der Gefolgsmann von Viktor Orban noch bis zum Frühsommer ungarischer Justizminister. Und damit hauptverantwortlich für die Verschärfung der Medien- und Bildungsgesetze, wie ihm Kritiker vorhalten. Navracsics gilt deshalb als einer der größten Wackelkandidaten innerhalb der neuen Juncker-Kommission.