"Die derzeitige Krise hat gezeigt, dass das aktuelle System nicht funktioniert", konstatierte der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans bei der Vorstellung, wie das Dublin-System reformiert werden könnte. Bisher gilt die Regel, dass Flüchtlinge in dem EU-Land Asyl beantragen müssen, in dem sie angekommen sind. Dass das schon längst keine Realität mehr ist, haben zuletzt die Flüchtlingsbewegungen über die Westbalkan-Route bewiesen.
Ein Vorschlag der Kommission sieht vor, das Dublin-System weitgehend beizubehalten, es allerdings um einen Fairness- beziehungsweise Notfall-Mechanismus zu ergänzen. Wenn derart viele Flüchtlinge in einem Land ankommen, dass die Behörden überfordert sind, sollen die Menschen auf andere EU-Länder verteilt werden und dort einen Asylantrag stellen dürfen.
Option 1: Dublin-System erweitern
Ein anderer Vorschlag schafft das Dublin-System quasi ab. Demnach sollen Flüchtlinge sofort in der EU verteilt werden. Wer wieviele Flüchtlinge aufnimmt, das soll sich wiederum nach Größe und Wirtschaftskraft des Landes richten. Auch die Bedürfnisse und Wünsche der Flüchtlinge sollen eine Rolle spielen - also ob etwa bereits Familienangehörige in einem EU-Land leben.
Außerdem schlägt die EU-Kommission vor, dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen mehr Kompetenzen zu übertragen. Dabei geht es unter anderem darum, die Identifizierung von Flüchtlingen in Europa und den Datenaustausch unter den Mitgliedsländern zu verbessern. Ebenso will die Kommission verhindern, dass Flüchtlinge später innerhalb der EU weiterreisen. Aus den jetzt vorgestellten Ideen der Kommission sollen in naher Zukunft neue Gesetzesvorschläge entstehen.
Lob von CDU, Kritik von SPD und Grünen
Vonseiten CDU und CSU kommt Unterstützung für die Pläne."Es ist absolut richtig und notwendig, dass wir in der EU zu einheitlichen Standards kommen", betonte der CDU-Europaparlamentarier Herbert Reul. Auch der Europapolitiker Manfred Weber (CSU) betonte auf Twitter, dass mehr Solidarität und eine gerechtere Lastenverteilung wichtige Punkte seien.
SPD und Grünen im Europaparlament gehen die Vorschläge nicht weit genug. "Das Dublin-System nur mit einem sogenannten Fairness-Mechanismus zu ergänzen, reicht nicht. Wir brauchen dauerhaft eine solidarische Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der Europäischen Union", sagte die Grünen-Europaabgeordnete Ska Keller.
Die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel kritisierte, die Behörde bekomme "kalte Füße". Das Dublin-System sei eine "Katastrophe". Man brauche eine "radikale Reform".
Doch genau in diesem Punkt herrscht unter den europäischen Mitgliedsländern Uneinigkeit. Einige Staaten wollen beispielsweise nur wenige oder gar keine Flüchtlinge aufnehmen.
(pr/tk)