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EU-Kommission
Junckers Team legt Agenda vor

Wenn heute die EU-Kommission in Straßburg ihr Arbeitsprogramm vorstellt, dann ist der Trend ist klar: Man will sich auf einige wichtige Themenfelder konzentrieren - dazu zählen das Investitionsprogramm, der digitale Binnenmarkt und die neue Migrationspolitik. Außerdem will Juncker zahlreiche Gesetzesvorhaben streichen - ein neues Signal?

Von Jörg Münchenberg | 16.12.2014
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker setzt neue Signale (imago stock&people)
    Die EU-Kommission will 2015 vor allem eines: sich auf einige wichtige Themenfelder konzentrieren. Im Fokus stehen dabei Investitionen und Wachstum, darunter auch das geplante 315 Milliarden schwere Investitionspaket, die Umsetzung des digitalen Binnenmarktes, die Vollendung der Energieunion, eine neue Migrationspolitik sowie die Verhandlungen mit den USA über das Freihandelsabkommen TTIP. Das geht aus dem Entwurf für das Arbeitsprogramm hervor, das diesem Programm vorliegt.
    Gleichzeitig will die Kommission zahlreiche Gesetzesvorhaben streichen oder zumindest bündeln. Rund 80 Initiativen sollen demnach nicht mehr weiterverfolgt werden. Damit will Kommissionspräsident Jean Claude Juncker auch ein Signal setzen, dass Brüssel künftig nicht mehr alles regeln will.
    Am Vormittag wird das Kollegium abschließend das Vorhaben absegnen, am Nachmittag soll es dann dem EU-Parlament vorgestellt werden. Doch der Grundansatz findet fast überall Zustimmung. Herbert Reul, der Chef der CDU-Delegation im Europäischen Parlament:
    "Ich bin hocherfreut. Das ist ein richtiger Schritt. Endlich macht mal einer ernst und quatscht nicht nur rum und reduziert die Vorlagen. In vielen Parlamenten der Welt, auch im Deutschen Bundestag ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Gesetze aus der alten Periode, die nicht fertig geworden sind, sowieso wegfallen. Und zwar vollständig. Und jetzt nimmt er von den über 400 80 weg – ich finde das einen sehr guten Beitrag, einen ersten Schritt."
    Doch natürlich gibt es auch Kritik im Detail. Denn die Juncker-Kommission will laut Entwurf selbst zentrale Vorhaben kippen oder umarbeiten. Weil sie politisch nicht durchsetzbar sind oder aber weil es Vorbehalte bei der Umsetzung gibt.
    Fehleinschätzungen im Umweltbereich?
    Weil sich etwa die Mitgliedsstaaten seit Jahren über die Ausweitung der Mutterschutz-Richtlinie streiten, soll das Vorhaben aufgegeben werden. Es sei denn, Parlament und Rat können sich in den nächsten sechs Monaten auf einen Kompromiss verständigen. Ebenfalls auf der Streichliste: Vorgaben zur Abfallvermeidung, die gerade in Osteuropa, aber auch bei der Industrie für heftige Kritik gesorgt hatten. Doch Umweltschützer reagieren empört auf diesen Plan, etwa der SPD-Abgeordnete Jo Leinen:
    "Es gibt ein paar Fehlentscheidungen in diesem Arbeitsprogramm, vor allem im Umweltbereich. Das ist fast ein Anschlag auf die Kernelemente europäischer Umweltpolitik. Die Kreislaufwirtschaft, also die Reduzierung der Abfälle und auch die Luftreinhaltung aus der Arbeitsebene herauszunehmen. Da nichts mehr zu machen. Das hat weitgehend Empörung nicht mehr nur bei Umweltschützern, sondern auch bei vielen Umweltministern bei der Europäischen Union ausgelöst".
    Steuerpolitische Vorhaben im Fokus
    Ebenfalls dürften auch die steuerpolitischen Pläne der Kommission noch für einigen Gesprächsbedarf sorgen. Seit LuxLeaks steht der ehemalige Premierminister Luxemburgs und jetzige Kommissionschef Juncker unter besonderer Beobachtung. Zwar enthält das neue Arbeitsprogramm wie angekündigt einen Vorschlag zum automatischen Informationsaustausch bei Steuerabsprachen zwischen Behörden und Unternehmen, doch das, so der Sozialdemokrat Leinen, reiche nicht aus:
    "Wir brauchen einen viel mutigeren Aufschlag zur Vermeidung dieser Steuerlücken. Auch zur Austrocknung von Steueroasen. Juncker steht da im Parlament, aber auch gegenüber der Öffentlichkeit im Wort. Sein Arbeitsprogramm ist zu dünn. "
    Doch heute werden die Abgeordneten das Programm erst einmal allgemein diskutieren. Im Januar soll dann eine Resolution mit konkreten Forderungen hinterhergeschoben werden. Juncker hat dem EU-Parlament, aber auch den Mitgliedsländern grundsätzlich Entgegenkommen signalisiert, sollte es gegen einzelne Vorhaben breiteren Widerstand geben.