Der Skandal um die mit dem Insektizid Fipronil belasteten Eier weitet sich in Europa immer mehr aus. Weshalb jetzt auch die EU-Kommission aktiv werden will. Der für die Lebensmittelsicherheit zuständige EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis kündigte heute ein Sondertreffen in Brüssel an. Kommissionssprecherin Mina Andreeva:
"Die Kommission wird zu einem hochrangigen Treffen mit den Ministern und den Vertretern der nationalen Behörden all der Länder einladen, die von den verunreinigten Eiern betroffen sind. Das wird vermutlich am 26. September stattfinden."
Reichlich spät, heißt es dazu aus Deutschland. Zumal inzwischen insgesamt 17 Länder von dem Eier-Skandal betroffen sind. In vier Ländern, nämlich Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland wurden zahlreiche Höfe von Geflügelzüchtern gesperrt, 13 Länder wiederum sind von Exporten mit möglicherweise belasteten Eiern betroffen. Dazu gehört auch die Sonderverwaltungszone Hongkong.
Informelles Treffen der Landwirtschaftsminister
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt fordert angesichts dieser Dimensionen deshalb ein früheres Treffen - das Fipronil-Problem könne nur europäisch gelöst werden. Deshalb soll es jetzt doch schon Anfang September beim informellen Treffen der Landwirtschaftsminister in Estland ein erstes Gespräch dazu geben. Die Kommissionssprecherin wies heute dennoch kritische Nachfragen nach der Terminierung des Sondertreffens Ende September zurück:
"Wir wollen dieses Treffen auch mit einer gewissen Distanz zu den jetzigen Ereignissen einberufen. Wir brauchen so viele Fakten wie möglich. Es geht ja um mögliche Konsequenzen aus dem Skandal und auch darum, wie wir das europäische System verbessern können. Deshalb ist das auch kein Krisentreffen."
Dabei ist mittlerweile klar, dass es beim Fipronil-Skandal erhebliche Pannen gegeben hat. Ein Grund, warum sich die Mitgliedstaaten inzwischen mit gegenseitiger Kritik überziehen. Belgien steht am Pranger, weil die zuständige Behörde für Lebensmittelsicherheit trotz erster Fipronilfunde in Eiern sechs Wochen benötigte, bis endlich das europäische Schnellwarnsystem aktiviert wurde. Auch die Niederlande haben angeblich vorhandene Informationen, die bereits im November 2016 vorlagen, zurückgehalten.
Florenz: "Das darf die EU-Kommission sich als Hüterin der Gesetze nicht erlauben"
Und selbst die Kommission hätte womöglich früher Bescheid wissen können, weil Belgien schon Anfang Juli über eine europäische Antibetrugsplattform Informationen von den Niederlanden anforderte. Brüssel hält dagegen, die Plattform werde nicht aktiv beobachtet - deshalb habe man die maßgeblichen Warnungen erst am 20. Juli erhalten. Doch der CDU-Gesundheitsexperte im EU-Parlament Klar-Heinz Florenz kritisierte heute im Deutschlandfunk das bisherige Auftreten der Kommission im Fipronil-Skandal scharf:
"Das darf die EU-Kommission sich als Hüterin der Gesetze nicht erlauben. Gerade in dieser Zeit, wo Europa in der Kritik steht, muss man klar und deutlich auch Sanktionen aussprechen. Das werfe ich der Kommission vor. Bevor die da mal wirklich aktiv werden. Also die Kommission ist ein schlafender Riese."
Unterdessen gehen die Ermittlungen weiter. Gestern gab es bereits zwei Verhaftungen in den Niederlanden. Demnach hat wohl die belgische Firma Poultry-Vision ein harmloses Desinfektionsmittel mit Fipronil vermischt, obwohl es in der Nutztierhaltung nicht eingesetzt werden darf.
Später wurde das gepanschte Mittel von der niederländischen Firma Chickfriend vermutlich für die Reinigung der Ställe benutzt. Die Niederlande aber sind einer der größten Eierproduzenten der Welt - weshalb der Fipronilskandal inzwischen auch Hongkong erreicht hat.