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EU-Kommission stellt Klimastrategie vor
Unterm Strich bis 2050 kein CO2-Ausstoß mehr

Wenige Tage vor dem UNO-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz stellt die EU-Kommission ihre Klimastrategie für die nächsten Jahrzehnte vor. Hauptziel soll sein, bis 2050 in der Bilanz keine Treibhausgase mehr auszustoßen. Doch die Strategie hat einen Haken.

Von Paul Vorreiter |
    Das Kraftwerk Niederaußem von der RWE Power
    Noch viel zu tun bis 2050: Bislang hat es die EU geschafft, den Ausstoß ihrer C02-Werte verglichen mit 1990 um knapp ein Viertel zu reduzieren (imago / Future Image)
    Wie soll die Strategie aussehen?
    Das Hauptziel soll sein, dass die Europäische Union bis zum Jahr 2050 in der Bilanz keine Treibhausgase mehr ausstoßen soll. Der Klimakommissar Canete wird heute im "Handelsblatt" auch damit zitiert, dass er sagt, man habe auch die nötige Technologie um dieses Ziel einer vollständigen Decarbonisierung zu erreichen. Aber das erfordere einen tief greifenden Wandel, bei dem ganze Industriezweige verschwinden, allerdings auch neue Branchen entstehen könnten. Soll heißen, Wirtschaftszweige, die mit Erdöl und Kohle zu tun haben, würden dann wohl weichen, wenn aber dafür Arbeitsplätze bei erneuerbaren Energien entstehen.
    Es heißt, die Kommission rechne vor, dass 290 Milliarden Euro jedes Jahr für diesen Umbau ausgegeben werden müssten. Allerdings könnte die Rechnung am Ende nicht so hoch ausfallen, wenn man davon ausgeht, dass 266 Milliarden Euro eingespart würden, die an Lieferanten von Öl und Gas gehen. Auch wird offenbar davon ausgegangen, dass Gesundheitskosten zurückgehen, eben durch den Verzicht auf luftverpestende fossile Energieträger, da ist die Zahl von mehr 200 Milliarden Euro pro Jahr im Raum. Genaueres erfahren wir jetzt dann am frühen Nachmittag, wenn der Kommissar vor die Presse tritt.
    Wo liegen beim Thema Klimaschutz in der EU die größten Probleme?
    Also bislang hat es die EU geschafft, den Ausstoß ihrer C02-Werte verglichen mit 1990 um knapp ein Viertel zu reduzieren. Das heißt, es bleibt noch viel zu tun bis 2050. Die EU-Kommission geht offenbar davon aus, dass gerade die erneuerbaren Energien den Unterschied machen werden. Und offenbar müsste auch im Bereich des Energieverbrauchs viel getan werden.
    Die EU-Staaten müssten den um etwa in der Hälfte senken, heißt es. Das würde in der Praxis bedeuten, schlecht gedämmte Gebäude schneller zu sanieren ein Thema, das - allerdings wie wir wissen - vielfach problematisch ist, weil hier natürlich die Verbraucher bzw. Mieter auch gefragt sind, und das ja auch teure und damit sozial heikle Anliegen sind. Was das Energie sparen angeht, da hat das Europaparlament in seiner letzten Sitzung erst zwei Richtlinien abschließend verabschiedet. Die Energieffizienz muss demnach bis zum Jahr 2030 um 32,5 angehoben werden gemessen am Jahr 2007. Ebenfalls bis 2030 soll der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch bei 32 Prozent liegen.
    Wie geht es mit der Strategie dann weiter: Muss die jetzt noch von den Mitgliedsstaaten im Rat oder vom Parlament verabschiedet werden - oder ist das alles ohnehin eher eine unverbindliche Absichtserklärung?
    Der Haken an der Sache liegt tatsächlich daran, dass es sich um ein unverbindliches Ziel handelt für die EU-Staaten. Das heißt, die EU-Kommission ist darauf angewiesen, zu schauen, was die Länder daraus machen. Die Fachminister werden dieses Papier noch beraten und es heißt, dass man im Mai sich auf einem Gipfel damit befassen will. Das Problem liegt außerdem auch darin, dass man sich in der EU einfach uneinig ist, in welchem Tempo man Klimaschutzziele umsetzen will.
    Der Klimakommissar Canete hatte ja kürzlich vorgeschlagen, man könne das C02-Reduktionsziel bis 2030 über die bereits vereinbarten 40 Prozent anheben, Es dauerte nicht lange, bis dieses noch ehrgeizigere Ziel wieder kassiert wurde, Widerstand gab es auch aus Deutschland. Kanzlerin Merkel hatte sinngemäß dazu gemeint, man soll erst mal die Etappenziele nach und nach erreichen, bis man das Ziel für 2030 noch mal anhebt.
    Und auch bei vielen anderen Themen erleben wir so etwas wie ein "Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten". Wenn es um die Reduktion von C02-Emissionen bei Autos geht, haben wir erlebt, dass der Umweltausschuss des Europaparlaments nach vorne geprescht ist, im Rat allerdings die Meinungen auseinandergingen. Einige Länder hatten es für möglich gehalten, bis 2030 den Ausstoß von C02 um 40 Prozent und mehr zu senken, Deutschland hatte sich dafür eingesetzt, 30 Prozent umzusetzen, also die Linie der Kommission und am dann einigten sich die Minister in Luxemburg eben auf 35 Prozent. Und während auf europäischer Ebene darüber gestritten wird, wie ehrgeizig man sein will, schaffen einige Länder auch eigene Fakten, Dänemark und Belgien, die etwa 2030 zum Ausstiegsziel für den Verbrennungsmotor machen wollen.