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EU-Kommissionspräsident
"Ganz klar wird es Juncker"

Im Streit um den neuen EU-Kommissionspräsidenten sieht der CDU-Vize Armin Laschet nur eine Lösung: Für das Amt komme aufgrund des Wählervotums nur EVP-Spitzenkandidat Juncker in Frage, sagte Laschet im DLF. Auch SPD-Spitzenkandidat Schulz habe "signalisiert, der, der vorne liegt, der sollte Kommissionspräsident werden".

Armin Laschet im Gespräch mit Dirk Müller |
    Der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet bei einem Parteitag.
    Der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet: Die CDU hat "nicht Stimmungen der AfD oder anderer bedient". (dpa/Roland Weihrauch)
    "Für mich ist es ganz klar, dass es Jean-Claude Juncker wird", sagte Laschet im Deutschlandfunk. Martin Schulz könne nicht beanspruchen, Kommissionspräsident zu werden. Das Votum für Juncker sei eindeutig. Der stellvertretende CDU-Vorsitzende sagte, er gehe davon aus, dass CDU-Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel "auch bei den Regierungschefs werben wird".
    Die Union hat bei der Wahl des Europaparlaments nach dem vorläufigen Ergebnis acht Sitze verloren. Laschet kritisierte im Deutschlandfunk den Kurs der Schwesterpartei CSU. "Die CDU hat ein klares pro-europäisches Bekenntnis abgelegt. Sie hat nicht Stimmungen der AfD oder anderer bedient, sondern sich offensiv mit ihnen auseinandergesetzt." Der CDU-Parteivize sagte, er spreche "eine andere Sprache" als CSU-Spitzenkandidat Peter Gauweiler, "der ja auch vor dem Bundesverfassungsgericht gegen jede Rettung unserer Währung des Euro prozessiert hat."

    Das Interview mit Armin Laschet in voller Länge:
    Dirk Müller: Unser nächster Interview-Partner wartet schon ungeduldig am Telefon: CDU-Parteivize Armin Laschet. Guten Morgen.
    Armin Laschet: Guten Morgen!
    Müller: Herr Laschet, danke, dass Sie dabei sind, dass Sie sich die CSU angehört haben. Was ist denn aus Ihrer Sicht da passiert?
    Ein klar pro-europäisches Bekenntnis
    Laschet: Das muss die CSU schon selbst bewerten, das ist ganz schwer von außen zu sagen. Wir haben in Nordrhein-Westfalen gleichzeitig Kommunalwahl gehabt. Das hat sicher die Wahlbeteiligung noch einmal weiter nach oben gebracht. Aber wir haben einen dezidiert anderen Wahlkampf gemacht. Wir glauben, wir brauchen mehr Europa. Man muss der AfD deutlich widersprechen, man muss eine pro-europäische Haltung erkennen lassen, wie wir das seit Konrad Adenauer und Helmut Kohl als Markenzeichen der CDU hatten, und das wird jetzt auch für die nächsten Monate so sein. Wir brauchen keine kleinere Kommission, wir brauchen eine effektive Kommission. Also ein paar Nuancen würde ich anders setzen als andere in diesem Wahlkampf.
    Müller: Sie haben gesagt "wir" und meinen damit die CDU und nicht die Union?
    Laschet: Die CDU hat ein klares pro-europäisches Bekenntnis abgelegt. Sie hat nicht Stimmungen der AfD oder anderer bedient, sondern sich offensiv mit denen auseinandergesetzt. Und ich habe dann auch den Landesverband Nordrhein-Westfalen gemeint, der sich als einer der europäischsten in der ganzen deutschen CDU versteht. Aber das ist eine besondere Tradition. Bei uns an den Grenzen zu Belgien, zu den Niederlanden, zu Luxemburg hat man immer schon sehr für die europäische Idee geworben, und das haben wir auch in diesem Wahlkampf gemacht, und die AfD ist in Nordrhein-Westfalen eher unterdurchschnittlich vertreten. So falsch ist die Strategie, glaube ich, nicht.
    Müller: Und mit den anderen haben Sie jetzt auch ein bisschen die CSU gemeint?
    Laschet: Mit welchen anderen?
    Müller: Sie haben eben gesagt, wir passen uns nicht der AfD an und den Anderen. War die CSU damit inkludiert?
    Laschet: Na gut, ich habe eine andere Sprache als Peter Gauweiler, der ja auch vor dem Bundesverfassungsgericht gegen jede Rettung unserer Währung, des Euro prozessiert hat. Das ist eine andere Diktion. Wir finden den Euro richtig, der Euro hat sich bewährt, der Euro ist die Weltwährung neben dem Dollar inzwischen, er ist sehr stark auch vertreten im Innen- und im Außenwert, und das muss man offensiv vertreten und nicht gegen den in Karlsruhe klagen.
    Müller: AfD, ein Stichpunkt, den Sie auch genannt haben. Wir haben mit Hans-Olaf Henkel vor knapp einer Stunde hier im Deutschlandfunk geredet. Von null auf sieben Prozent! Muss man diese Partei jetzt richtig ernst nehmen?
    AfD nicht bagatellisieren
    Laschet: Man muss sie immer schon ernst nehmen. Sie hat ungefähr die gleichen Wähler gehabt wie bei der Bundestagswahl. Da ist auch viel Protestpotenzial mit dabei. Aber ich bin immer dafür, genau die Argumente ernst zu nehmen, die solche Parteien vortragen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen und erklären, dass es falsch wäre, auch für deutsche Arbeitsplätze, wenn wir derzeit wieder die D-Mark, eine nationale Währung hätten, dass es falsch ist, die Freizügigkeit an den Grenzen wieder auszusetzen, weil es ist gut, dass wir offene Grenzen haben. Davon profitieren wir Deutschen am meisten und das muss man erklären. Aber sie bagatellisieren, sie ignorieren, das halte ich für falsch. Offensiv erklären, warum sie falsch liegt.
    Müller: Es gab ja mal diese These von Franz-Josef Strauß, rechts von der CSU, da sollte nicht mehr allzu viel passieren. Wenn wir ganz rechts außen einmal weg lassen und nehmen die AfD, wo immer diese Partei jetzt auch zu kategorisieren und zu lokalisieren ist, ist es gut, die CSU zu haben, um diese Schnittmenge noch abzubilden?
    Laschet: Ja natürlich ist es gut, die CSU zu haben. CDU/CSU haben immer sehr eng und gut zusammengearbeitet. Jetzt geht es um ein einziges Thema, nämlich die Europapolitik. Aber die Politik ist natürlich viel breiter und da hat die AfD auch keine Antworten. Hier das gesamte Spektrum einer Volkspartei, über die Wirtschaftspolitik, die Sozialpolitik, die Arbeitsmarktpolitik, auch die Außenpolitik abzudecken, das ist gut, dass CDU und CSU hier ganz eng zusammen auftreten.
    Müller: Sie haben immer europäisch gedacht, Armin laschet. Sie waren ja auch im Europaparlament. Jetzt geht es um den neuen Kommissionschef, die Mehrheitsverhältnisse, die dort zustande kommen, mögliche Koalitionen noch nicht ganz klar. Aber ist das für Sie ausgemachte Sache, dass entweder Jean-Claude Juncker oder Martin Schulz neuer Kommissionspräsident werden?
    Eindeutiges Votum für Jean-Claude Juncker
    Laschet: Ja für mich ist ganz klar, dass das Jean-Claude Juncker wird. Also es war doch jedem klar vorher, dass es für keinen eine absolute Mehrheit im Europäischen Parlament gibt, und beide, auch Martin Schulz, haben im Wahlkampf signalisiert, der, der vorne liegt, der sollte Kommissionspräsident werden. Und deshalb kann nicht jemand, der wie Martin Schulz wirklich sehr deutlich auf dem zweiten Platz liegt, jetzt beanspruchen, Kommissionspräsident zu werden. Das Votum für Jean-Claude Juncker ist eindeutig und ich denke, dass das auch die Fraktionen des Europäischen Parlaments in den nächsten Tagen so erörtern werden.
    Müller: Wir haben nur noch ein paar Sekunden. Egal was David Cameron sagt, egal was Angela Merkel sagt?
    Laschet: Was Angela Merkel sagt, wissen wir doch. Angela Merkel hat sich für den Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker ausgesprochen und ich gehe davon aus, dass sie auch für den EVP-Kandidaten bei den Regierungschefs werben wird.
    Müller: CDU-Parteivize Armin Laschet bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk. Danke für das Gespräch, auf Wiederhören nach Berlin.
    Laschet: Bitte schön.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.