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EU-Kommissionsvertretung in Berlin
Brückenbauer zwischen Europa und Deutschland

Ob als Social-Media-Redakteurin, politischer Referent oder Wirtschaftsexpertin - die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der EU-Kommissionsvertretung in Berlin müssen zweierlei schaffen: verstehen, wie Deutschland tickt, und dem Land und seinen Bürgern vermitteln, wie die europäische Politik tickt.

Von Daniela Siebert |
Eine Europa-Fahne weht am 08.11.2014 vor dem Brandenburger Tor in Berlin, auf dem die Figur der Siegesgöttin Viktoria als Silhouette zu sehen ist
Brandenburger Tor mit Europafahne. Die EU-Kommissionsvertretung befindet sich im Zentrum Berlins unweit des Hotel Adlon und des Brandenburger Tors. (dpa-Zentralbild / Jens Kalaene )
Wenige Meter vom Brandenburger Tor entfernt kann man durch eine gläserne Automatiktür die Welt der EU betreten. Besser gesagt ihren hochmodernen Präsentationsraum, der mit interaktiven digitalen Wandbildern aufwartet und Tischen mit eingelassenen Touch-Screens. Eine Art Internet zum Betreten, in dem die Besucher zum Tippen und Scrollen eingeladen werden. Hier tummeln sich Schulklassen, Touristen, Berliner, absichtliche und zufällige Besucher. Eine ältere Dame mit Rucksack steht vor der Regalwand mit Informationsbroschüren.
"Ich schaue hier öfter rein, wenn ich Zeit habe, weil ich das ganz spannend finde, mich auch mal hier über neues Material zu informieren, ich bin Gästebetreuerin und wenn ich dann so junge Leute an Bord habe, nehme ich denen auch gerne so ein bisschen was mit zum Lesen hier."
Neben dran in einem abdunkelten runden Raum ist ein Sitzungs-Foto des EU-Parlaments an die Wände projiziert. Im Kreis davor sitzt eine Azubi-Gruppe und spielt EU-Parlament. Es geht um selbstfahrende Autos. Zufällig landete Ausbilderin Sabrina Wollgast auf dem Stuhl der EU-Kommission und musste deren Rolle spielen. Hinterher ist sie davon sehr angetan.
"Also ich habe halt einen Vorschlag eingebracht, dass selbstfahrende Autos in der Europäischen Union auf den Straßen zugelassen werden und habe das Ganze dann zur Debatte gegeben. Es ist schon komisch: also man wirft da ja ein wichtiges Thema ein und es war mir vorher nicht so bewusst, was für eine Position man als EU-Kommission da wirklich hat."
Aus dem FF wissen muss das Richard Kühnel. Der Österreicher ist seit 2014 der Leiter dieser Kommissions-Vertretung in Berlin. Sein Büro liegt ein paar Etagen höher, die Möbel sind funktional nüchtern. An den Wänden hängt ein Portätfoto von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker neben einem bunten surrealistischen Gemälde und einem Foto aus dem Jahr 1989: Männer in Anzügen durchtrennen mit Bolzenschneidern quer gespannte Drähte. Die Öffnung der Grenze durch die Außenminister Österreichs und Ungarns erklärt Richard Kühnel. Aus seinem Büro schaut er direkt auf das berühmte Hotel Adlon auf der anderen Straßenseite.
"An meinem ersten Tag hier habe ich die Rolling Stones da unten sitzen gesehen. Vor dem Hotel: Mick Jagger und Keith Richards tranken ein Bier miteinander."
Kühnels Alltag hat ansonsten wenig mit Musik zu tun. Denn die Aufgaben seines Hauses drehen sich vor allem um Menschen und Politik.
"Wir sind so etwas wie Brückenbauer zwischen der Europäischen Union und ihren Institutionen und Deutschland, der Bundesregierung, Bundestag, aber auch den Ländern und insbesondere natürlich den Bürgern. Wir wollen einerseits verstehen, wie Deutschland tickt, und was Deutschland von der europäischen Politik so hält, und wir wollen aber umgekehrt erklären, was treibt eigentlich die europäische Politik an, was ist die Motivation dahinter."
Wichtig: Kontakt mit Menschen außerhalb der EU-Blase
40 Mitarbeiter hat er in Berlin, die ihn bei diesen Aufgaben unterstützen. Etwa die Bulgarin Nora Hesse, Beraterin für Wirtschaft und Finanzpolitik.
Gerade schreibt sie an einem internen Bericht über ein Start-up-festival, auf dem die Kommissionsvertretung einen Stand hatte, um auf Finanzierungsmöglichkeiten durch die EU hinzuweisen. Nora Hesse ist für Kontakte in Wirtschaftsfragen zuständig. Sehr oft verlässt sie daher ihr kleines Büro, das sie mit Buntstift-Malereien ihrer Kinder verziert hat. Sie trifft sich mit Mitarbeitern des Finanzministeriums, des Wirtschaftsministeriums, des Arbeitsministeriums, mit Gewerkschaftern, mit Industrieverbänden und anderen.
"Also das ist das Beste eigentlich an meinem Job hier, in meiner Position, sonst – in Brüssel sowieso, aber selbst hier in Berlin: es ist relativ leicht, in der kleinen Blase zu bleiben und dann sieht man die Welt nur durch diese Brille der EU-Kommission und die Welt ist bunt. Das kann man nur erfahren, wenn man tatsächlich mit Menschen spricht."
Auch mit ganz normalen Bürgern spricht sie immer wieder und wird nicht müde zu erklären, was das eigentlich für eine Kommission ist, für die sie da arbeitet und was die so macht. Den Bürgern die Positionen der EU-Kommission nahe zu bringen, damit kämpft auch Nikola John jeden Tag. Sie ist Social-Media-Redakteurin und betreut den Auftritt ihres Hauses bei Facebook, Twitter und Instagram. Einfache Worte und die richtigen Bilder finden für die komplexen Politikfelder der Kommission. Das ist ihr Job.
"Ein schönes Bild ist wichtig, ein aussagekräftiges Bild kann auch mal wichtig sein, eine Grafik, die sofort sagt, worum es geht, ist gut. Der Zeitpunkt spielt eine Rolle, wie gut man ein Gespür hat, für das, was Thema ist, was Leute interessiert. Das ist nicht immer so einfach, weil ja wirklich sehr von der europäischen Seite her denken."
Daher konzipiert sie derzeit vor allem Einträge, die sich um die Europa-Wahl am 26. Mai drehen. Auch so schwierige Themen wie künstliche Intelligenz und europäische Grundrechte muss sie meistern. Die gelungene Bildmontage aus einem Frauengesicht, auf das eine Matrix aus Nullen und Einsen geblendet ist, wurde trotzdem nicht oft geklickt. Mehr Resonanz fand dagegen ein Bericht zum Umweltschutz in Deutschland.
Feedback von EU-Bürgerinnen erwünscht
Nikolaus von Peter sucht dagegen stets das direkte Gespräch. Er ist Referent in der politischen Abteilung. Das braune Biedermeiersofa in seinem Büro ist meistens verwaist, weil er unterwegs ist, um sich mit den verschiedenen Menschen zu auszutauschen: Mitarbeitern im Bundestag, in den Ministerien, mit Wissenschaftlern und Journalisten und auch mit ganz normalen Bürgern. Nikolaus von Peter versucht einerseits Trends aufzuspüren, andererseits repräsentiert er die Kommission.
"Ich habe Themen, die teilweise sehr schwierig sind, zum Beispiel Migrationspolitik. Ich versuche aber, in jedes Gespräch zu gehen. Es wäre bequem, Gespräche auch abzusagen, aber ich möchte mich dem aussetzen, weil ich glaube, dass die Bürgerinnen und Bürger und alle, die uns einladen ein Recht darauf haben, dass die Kommission dort hin kommt und Dinge erklärt und sich auch der Kritik aussetzt. Manches Mal macht das keinen großen Spaß."
Verbraucherschutz lässt sich dagegen immer gut vermitteln ergänzt sein Chef Richard Kühnel, etwa die gesunkenen Roaming-Gebühren für Mobilfunk-Nutzer. Oder die verbesserten Fluggastrechte.
Feedback von den EU-Bürgern wünschen sie sich allesamt: Aktuell noch bis zum 9. Mai lädt die Vertretung daher auch zum Online-Bürgerdialog ein. Über diesen Kanal können Interessierte ihre Ansichten der EU-Kommission für das anstehende Gipfeltreffen in Sibiu mit auf den Weg geben. Egal ob zur Zuwanderung, zum Umweltschutz oder anderen politischen Themen.