Gestern Belfast, heute Brüssel, morgen Dublin: die britische Premierministerin Theresa May geht wieder auf Tour. Die Brexiteers, wird sie heute in Brüssel vermelden, forderten nur noch eins: eine Alternative zum verhassten Backstop für Nordirland. Wenn man sie finde, werde das Unterhaus dem Brexit-Vertrag zustimmen.
"Ich werde nicht vorschlagen, dass der Vertrag keine Versicherung enthält, die Grenze zwischen Nordirland und Irland offen zu halten. Das britische Parlament möchte aber Änderungen am Backstop sehen."
May hatte ihren eigenen Vorschlag zuhause nicht durchsetzen können, dass im Notfall – wenn man sich nicht rechtzeitig auf einen Handelsvertrag einigt – das Vereinigte Königreich bis auf weiteres in der Zollunion bleibt. Die Brexiteers halten das für eine Falle – dann hänge man immer in der Zollunion fest.
London liefert zwei Alternativ-Vorschläge
Alternativ könnte die Übergangszeit – angedacht bis Ende 2020 – um ein Jahr verlängert werden oder auch für eine Zwischenzeit ein rudimentärer Freihandelsvertrag in Kraft treten. Zwei Ideen in London - beides verhinderten, dass es zu einer Zollgrenze zwischen Nordirland und Irland kommen würde.
"Das wären die alternativen Vereinbarungen, die wir fordern", erklärt Andrea Leadsom, Ministerin für das Unterhaus. "Eine andere Möglichkeit wäre, den Backstop zeitlich zu befristen oder uns ein einseitiges Kündigungsrecht zu gewähren."
Premierministerin Theresa May will auf jeden Fall darauf bestehen, dass die Alternative zum Backstop von der EU juristisch abgesegnet wird. Die EU soll dafür den vereinbarten Brexit-Vertrag noch einmal aufschnüren und nicht nur einfach die politische Erklärung ergänzen, die an den Vertrag angehängt ist.
Noch eine weitere Alternative wird wohl von Premierministerin May wieder ins Gespräch gebracht werden: An der nordirisch-irischen Grenze bräuchten doch keine Zöllner zu stehen. Mit moderner Software ließen sich Zollerklärungen online abwickeln, ohne jede Infrastruktur an der Grenze.
Technologische Lösung für Zollerklärungen
Bernard Jenkin, ein Brexiteer aus der konservativen Unterhaus-Fraktion: "Wir sollten dem Rat von Angela Merkel folgen. Sie hofft, dass man das Problem lösen kann mit einer Mischung aus Technologie und modernsten Zollverfahren, was die EU nicht ernsthaft geprüft hat."
Das Problem: Dieses Angebot von Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt es nicht, die Bundesregierung jedenfalls dementierte. In der Republik Irland glaubt man auch nicht an eine technologische Lösung – ohne Kontrolle ginge es nicht.
Nicht einfacher wird die Kompromisssuche womöglich durch die verbale Attacke von EU-Ratspräsident Donald Tusk gestern. Er sieht einen Platz für die Brexiteers "in der Hölle", weil sie für den Brexit nie einen Plan hatten. "Entgleisung", "Frechheit", "Arroganz" – so konterten die Brexit-Anhänger in London.
Mark Francois, ein enger Vertrauter von Brexit-Wortführer Jacob Rees-Mogg, nahm es dagegen mit Humor.
"Ich hoffe, ich komme nicht in die Hölle. Wenn doch, dann entscheidet darüber der allmächtige Gott und nicht der Ratspräsident der EU."