Eines vor allem kennzeichnet das heutige Treffen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt mit den Verbänden der Land- und Ernährungswirtschaft zur Zukunft des ökologischen Landbaus. Einigkeit. Darin, dass der Vorschlag, den die EU-Kommission gemacht hat zur Reform der EU-Ökoverordnung in der jetzigen Form nicht akzeptabel ist. Jan Plagge, der Präsident des Anbauverbandes Bioland und Vorstandsmitglied des Bundes für Ökologische Lebensmittelwirtschaft, sagt deutlich, was er von dem Entwurf hält, der seit März vorliegt.
"Ja, gar nichts. Das ist ein Verhinderungsvorschlag für mehr Bio in Deutschland und Europa, den lehnen wir total ab!"
Dabei soll die Reform eigentlich das Vertrauen der Verbraucher in Bioprodukte stärken. Zu viele schwarze Schafe tummelten sich auf dem stetig wachsenden Feld der Bioprodukte hatte der Europäische Rechnungshof 2012 festgestellt und wusste sich bei dieser Einschätzung Seit an Seit mit EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos. Der rumänische Kommissar hält die bisherigen Kontrollen für zu lasch. Genau so wie die Vorgaben für die Öko-Produzenten.
Weniger Pestizide und Schwermetalle
Bislang dürfen Bio-Bauern zum Beispiel konventionelles Saatgut verwenden, wenn es kein entsprechendes Bioangebot gibt. Damit soll Schluss sein. Außerdem sollen die Grenzwerte für Verunreinigungen etwa durch Pestizide und Schwermetalle sinken. Auf das Niveau von Babynahrung.
"Das ist natürlich ein Paradigmenwechsel. Bisher hatten wir, dass der Prozess als solcher im Vordergrund stand",
erklärt Jürn Sanders vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft, der die Wirksamkeit der bisherigen Verordnung wissenschaftlich evaluiert hat. Grenzwerte statt Anbauprozess als wichtigstes Kriterium. Das sorgt in der Praxis für Probleme. Beim Anbau aber auch bei der Verarbeitung, sagt Fabian Breisinger von All Organic Trading. Die Firma produziert und vertreibt Öle für Naturkosmetik- und Naturkosthersteller:
"Nehmen wir an, wir haben ein Produkt, das wird zehnfach konzentriert. Das heißt, wir liegen unter dem Grenzwert, der bei 0,1 liegt. Und wir konzentrieren das Produkt auf, dann sind wir plötzlich über dem Grenzwert."
Und das Produkt ist als Bioprodukt damit nicht mehr geeignet. Auch der Biohof zwischen mehreren konventionellen Betrieben bekäme ein Problem, wenn Pestizidspuren auf seinen Feldern landen. Daher fürchten nicht nur die Biolandwirte, die neuen Regeln könnten dazu führen, dass Biobauern sich entnervt der einfacheren konventionellen Landwirtschaft zuwenden. Auch der Deutsche Bauernverband warnt davor, den Ökolandbau abzuwürgen.
Entwurf zu weit weg von der Realität?
Dabei habe es bei der Erarbeitung des Reformentwurfs viele Anhörungen mit Experten und Verbänden gegeben, sagt Jürn Sanders vom Thünen-Institut.
"Das ist im Vergleich zu anderen EU-Gesetzesvorhaben auch sehr breit gemacht worden. Dennoch denke ich, wenn man jetzt das Ergebnis sieht, dann kann man sich in der Tat die Frage stellen, wie viel der bisherigen Erfahrungen wirklich in dem jetzigen Verordnungsentwurf drinstecken."
Jan Plagge von Bioland wirft der Kommission vor, sie habe von den gemachten Anmerkungen und Vorschlägen fast nichts angenommen:
"Das heißt, sie hat auf die ganze Praxis, auf die Wirtschaft einfach nicht gehört. Sich selber im Brüsseler Büro ein Gedankenmodell erarbeitet, was überhaupt nicht der Realität entspricht.
Deshalb müsse der Entwurf zurückgewiesen und komplett neu erarbeitet werden. Das sieht Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt weniger drastisch. Doch auch der CSU-Minister teilt die Kritik an dem Kommissionsvorschlag. Der gebe nicht die geeigneten Antworten auf bestehende Schwachstellen und führe ohne Not zu massiven Beschwernissen bei Produktion, Verarbeitung und Handel von Bioprodukten. Statt alles wie geplant zurück auf Anfang zu setzen, sei eine Weiterentwicklung der bestehenden Regelungen vorzuziehen.
Die Pläne der Kommission werden nur dann Gesetz, wenn das EU-Parlament und die EU-Staaten zustimmen. Doch aus dem Parlament gibt es bereits Kritik. Daher dürfte sich die Reform bis weit ins nächste Jahr ziehen.