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EU-Parlament
Kaum Verständnis für Mays Brexit-Pläne

Großbritanniens Premierministerin Theresa May strebt einen harten Brexit an. Der CSU-Wirtschaftsexperte im EU-Parlament, Markus Ferber, spricht im Zusammenhang mit Mays Rede von Drohungen und aggressiver Rhetorik, die nicht gerade für eine gute Stimmung bei den anstehenden Verhandlungen über Austritt und künftige Beziehungen zeugten.

Von Annette Riedel |
    Die britische Premierministerin Theresa May auf einer Pressekonferenz, auf der sie ihre Pläne für den EU-Austritt Großbritanniens erklärt.
    Die britische Premierministerin Theresa May auf einer Pressekonferenz, auf der sie ihre Pläne für den EU-Austritt Großbritanniens erklärt. (AFP / POOL / Kirsty Wigglesworth)
    So richtig überraschen konnten die Vorstellungen von Theresa May zum Austritt der Briten aus der EU, die britische Premierministerin in ihrer Rede darlegte in der EU kaum jemanden. Auch die grüne Europa-Abgeordnete Terry Reintke nicht.
    "Das schafft eine Verhandlungsposition, eine sehr harte Verhandlungsposition auf britischer Seite – beantwortet aber ganz viele Fragen auf der britischen Seite überhaupt nicht."
    Dass Mays Vorstellungen im Kern auf einen sogenannten "Harten Brexit" hinauslaufen würden, hatte sich in den vergangenen Wochen abgezeichnet. Zu eindeutig und einmütig hatten sich die Protagonisten der verbleibenden 27er-EU festgelegt, dass aus ihrer Sicht der Zugang für Großbritannien zum EU-Binnenmarkt nur erhalten bleiben kann, wenn dessen Regeln weiter uneingeschränkt auch für die Briten gelten würden.
    Und andererseits war von der britischen Regierung wiederholt betont worden, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die ein wesentlicher Teil der Binnenmarkt-Regeln ist, für sie inakzeptabel sei. Vor diesem Hintergrund scheint tatsächlich ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien der einzige gangbare Weg. Ein realistischer, ein guter Weg? Im EU-Parlament ist jemand wie der SPD-Abgeordnete Jens Geier skeptisch:
    "Gangbar ist ein ganzer Haufen. Wenn das Vereinigte Königreich am Ende beschließt, seine Beziehungen zur EU auf die Basis eines Freihandelsabkommens stellen zu wollen, dann glaube ich, dass die britische Wirtschaft davon nicht begeistert sein wird."
    Ferber spricht von Drohung und agressiver Rhetorik
    Der CSU-Wirtschaftsexperte im EU-Parlament, Markus Ferber, spricht im Zusammenhang mit Mays Rede von Drohungen und aggressiver Rhetorik, die nicht gerade für eine gute Stimmung bei den anstehenden Verhandlungen über Austritt und künftige Beziehungen zeugten.
    "Sie droht, sie könne sich auch vorstellen, Steuern zu senken und Großbritannien quasi vor der Haustüre der Europäischen Union zu einem niedrig Steuerland zu machen. Das ist natürlich schon eine Drohung, so nach dem Motto: 'Liebe Europäer, wenn ihr nicht spurt, dann setz ich euch eine Steueroase vor die Nase.' Das ist kein fairer Umgang."
    Lediglich in der EKR-Fraktion, der Fraktion also, der Mays Partei, die Tories, angehört, gab es lobende Worte für die Rede der britischen Regierungschefin zu ihren Brexit-Plänen. Die Abgeordnete Vicky Ford glaubt, dass May damit eine gute Grundlage für eine "detaillierte und nuancierte Diskussion" für die anstehenden Verhandlungen gelegt hat. Es müsse um eine neue Partnerschaft gehen, für die es bisher kein Modell gäbe.
    EU-Kommission Barnier forderte einen "geordneten Austritt"
    Die EU-Kommission, namentlich Jean-Claude Junckers' Sprecher Margaritis Schinas, hielt sich nach Mays Rede mit Kommentaren zurück.
    "Der Kommissionspräsident hat sich mit Interesse über die Rede informieren lassen. Am Vormittag wird er zu den Europa-Abgeordneten sprechen."
    Dann wollte Juncker auch bereits direkt mit May telefonisch über deren Rede gesprochen haben. Der Verhandlungsführer für den Brexit von Seiten der EU-Kommission Barnier forderte einen "geordneten Austritt" und Ratspräsident Tusk sprach zwar von "realistischen Vorstellungen Mays" aber auch von einem traurigen Prozess der Austrittsverhandlungen.
    Der Brexit-Sprecher des EU-Parlaments, der Liberale Guy Verhofstadt, warnte Großbritannien erneut vor der Illusion, Rosinenpickerei betreiben zu können.
    "Es ist eine Illusion zu glauben, dass man den Binnenmarkt und die Zollunion verlassen und gleichzeitig deren Vorteile bewahren kann."