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EU-Parlament
Mehr Whistleblower-Schutz

Viele Enthüllungen der vergangenen Jahre wären ohne Whistleblower wohl nie an die Öffentlichkeit gekommen. Das EU-Parlament hat nun Regeln verabschiedet, um sie besser zu schützen. Dadurch würden Meinungsfreiheit und Demokratie gestärkt, meint Annegret Falter, Vorsitzende des Whistleblower Netzwerks im Dlf.

Annegret Falter im Gespräch mit Bettina Köster |
Ein Transporter mit einem Aufdruck der Gesichter von Julian Assange und Chelsea Manning steht vor der Botschaft Ecuadors in London
Whistleblowern drohen für ihre Enthüllungen oft juristische Konsequenzen. Auch der umstrittene Wikileaks-Gründer Julian Assange ist aktuell in Haft. (Imago/ Gustavo Valientees)
Das Europaparlament hat für einen besseren Schutz von Whistleblowern in der EU gestimmt. Die Abgeordneten bestätigten am Dienstag in Straßburg eine Einigung, die Unterhändler vor wenigen Wochen mit den EU-Staaten ausgehandelt hatten.
Weniger Sanktionen
Vergeltungsmaßnahmen gegen Whistleblower würden mit den neuen Regeln weitestgehend ein Riegel vorgeschoben, erklärt Annegret Falter. Das sei einer der wichtigsten Punkte in dem neuen Gesetz. "Das ist sicherlich das A und O, das Menschen, die den Mut finden sich zu Wort zu melden, dass die nicht auch noch sanktioniert werden", so die Vorsitzende des Whistleblower Netzwerk e.V.
Anwendung findet das Gesetz unter anderem bei Verstößen gegen EU-Recht im Bereich der Geldwäsche, der Unternehmensbesteuerung, beim Datenschutz, bei der Lebensmittel- und Produktsicherheit, beim Umweltschutz und der nuklearen Sicherheit, wie Korrespondentin Katharina Peetz berichtet.
EU will Whistleblower besser schützen
Whistleblower müssen sich nicht zuerst an Arbeitgeber wenden
Wie Whistleblower Verstöße gegen EU-Recht künftig melden, können sie frei wählen. Sie werden nicht verpflichtet, sich als erstes an eine Stelle in ihrem eigenen Unternehmen zu wenden.
Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern müssen eine solche Stelle zwar einrichten. Die Hinweisgeber können sich aber auch an eine zuständige Behörde wenden. In bestimmten Fällen kann der Whistleblower sich auch direkt an die Öffentlichkeit wenden - etwa über die Medien. Die neuen Regeln sollen Whistleblower außerdem vor Kündigungen und anderen Repressalien durch ihre Arbeitgeber schützen.
Eine gute Entwicklung, meint Falter. "Bisher mussten Whistleblower sich stets zuerst intern und ihrem Arbeitgeber gegenüber offenbaren. Die Logik dahinter war, dass innerhalb des Betriebes die Missstände am ehesten abgestellt werden können." Gut funktioniert habe das nicht immer: "Dazu sage ich nur: siehe VW", so Falter.
Positive Reaktionen aus der Politik
Auch in der Politik, stößt der verbesserte Whistleblower-Schutz auf positive Resonanz. "Künftig werden Hinweisgeber, die im öffentlichen Interesse Verstöße gegen EU-Recht melden, geschützt", sagte die SPD-Politikerin Sylvia-Yvonne Kaufmann laut dpa. Und der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold betonte gegenüber der Presseagentur: "Endlich bekommen Whistleblower die Anerkennung, die ihnen für ihren Dienst am Allgemeinwohl zusteht."
Angesichts mehrerer Skandale wie dem Facebook-Datenleck, die erst durch Whistleblower öffentlich geworden waren, hatte die EU-Kommission bereits vor einem Jahr Vorschläge für einen einheitlichen Schutz der Hinweisgeber auf den Weg gebracht. Die Rechtsprechung in den EU-Ländern wurde bislang noch sehr unterschiedlich gehandhabt. Nur in zehn EU-Staaten gab es Regeln, die Whistleblower umfangreichen Schutz garantieren.
Bevor die im EU-Parlament verabschiedenten neuen Regeln in Kraft treten, müssen noch die EU-Staaten zustimmen.