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EU-Rekordstrafe
Google muss 4,3 Milliarden Euro zahlen

Die EU-Wettbewerbskommission hat die höchste Kartellstrafe gegen Google ausgesprochen, die jemals gegen ein Einzelunternehmen verhängt wurde. Vorwurf: Der Internetkonzern habe aufbauend auf dem Betriebssystem Android seine Marktmacht vergrößert, die Kundenauswahl und den Wettbewerb eingeschränkt.

Von Peter Kapern |
    Auf einem Computermonitor die Startseite der Suchmaschine Google, die Homepage der Verwertungsgesellschaft VG Media sowie eine Nachrichtensuche auf Google zu sehen.
    Bereits im vergangenen Jahr war Google von der EU-Kommission zu einer Strafzahlung von 2,4 Milliarden Euro verdonnert worden - jetzt folgte eine neue Strafe von 4,3 Milliarden Euro, ein Rekord. (picture alliance / Julian Stratenschulte/dpa)
    Keine gute Botschaft für Google, als EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager nach der wöchentlichen Kommissionssitzung in den Brüsseler Pressesaal kam.
    Die Kommission habe entschieden, Google mit einer Geldstrafe von 4,34 Milliarden Euro zu belegen. So die Kommissarin. Die höchste Kartellstrafe, die jemals gegen ein Einzelunternehmen verhängt worden ist. Und das war noch längst nicht alles.
    Google müsse seine Geschäftspraktiken innerhalb von 90 Tagen ändern oder weiteren Geldstrafen entgegensehen.
    Der Fall dreht sich um Android
    Der Fall dreht sich um Android, das von Google entwickelte Betriebssystem für Smartphones und Tablets. 85 Prozent aller mobilen Internetgeräte weltweit laufen mit diesem Betriebssystem. Gerätehersteller können es kostenlos nutzen und auch abändern.
    Allerdings unterliegen sie bestimmten Bedingungen, wenn sie ihre Geräte mit weiteren Programmen von Google, insbesondere mit dem Internetbrowser Chrome, ausstatten. Sie müssen dann ganze Google-Programmpakete installieren. Damit habe Google seine Marktmacht vergrößert, die Auswahl der Kunden und den Wettbewerb eingeschränkt.
    Das Betriebssystem, so Margrethe Vestager, sei das Hilfsmittel gewesen, um die komplette Internetnutzung der Besitzer von Android-Geräten durch Googles Suchmaschine zu lenken und damit die eigene Dominanz zu zementieren.
    Google will Berufung einlegen
    Der US-amerikanische Internetgigant widersprach noch während der Pressekonferenz der EU-Kommissarin. "Wir werden gegen die Entscheidung der Kommission Berufung einlegen", teilte ein Google-Sprecher mit. Android habe mehr Auswahl für alle geschaffen, nicht weniger, so der Unternehmenssprecher weiter.
    Bereits im vergangenen Jahr war Google von der EU-Kommission zu einer Strafzahlung von 2,4 Milliarden Euro verdonnert worden. Damals ging es um wettbewerbswidriges Verhalten bei der Verarbeitung von Online-Shopping-Suchen von Internetnutzern. Eine Klage des Konzerns gegen diese Strafe liegt beim Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg vor.
    Und ein drittes Kartellrechtsverfahren gegen Google dürfte in einigen Monaten entschieden werden. Schon zuvor, in der nächsten Woche, könnte die jetzt verhängte Milliardenstrafe gegen Google eine entscheidende Rolle spielen. Nämlich beim Besuch von EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker in Washington, wo er versuchen soll, US-Strafzölle auf europäische Autos zu verhindern.
    Trump wittert gezielte EU-Strafen gegen US-Konzerne
    US-Präsident Trump hat der EU mehrfach vorgeworfen, US-Konzerne zu benachteiligen. Bei den Autoimportzöllen, aber auch mit der geplanten Besteuerung der Internetwirtschaft. Diese Steuer, so Trump, richte sich ausschließlich gegen die großen, US-amerikanischen Internetgiganten. Die Kommissionsentscheidung dürfte ihn in dieser Auffassung bestätigen. Juncker hingegen hat sich vorgenommen, den US-Präsidenten bei seiner Visite im Weißen Haus mit den Tatsachen zu konfrontieren. Wie schon beim G7-Gipfel in Kanada:
    "Auch da habe ich gegenüber dem US-Präsidenten die europäischen Argumente wiederholt. Und ich werde sie wieder und wieder aufzählen. Schließlich geht es nicht um "Fake News", sondern um objektive Fakten."
    Nach dem G7-Treffen von Kanada hatte Trump Juncker als "brutalen Killer" bezeichnet. Was den EU-Kommissionspräsidenten allerdings vor seiner Reise nach Washington nicht sonderlich beeindruckt hat:
    "Ich fahre da hin - heiter und gelassen!"