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EU-Sanktionen gegen Ukraine
Die wirklich Mächtigen bleiben verschont

In Kiew haben Regierung und Opposition eine Friedensvereinbarung unterzeichnet. Die Vorbereitungen für die EU-Sanktionen gegen die Ukraine laufen angeblich weiter. Sie sollten eigentlich diejenigen treffen, die Menschenrechte verletzt haben und für die Gewalt verantwortlich sind.

Von Annette Riedel |
    Eine große Menschenmenge auf dem Maidan-Platz in Kiew, im Hintergrund eine ukrainische Flagge an einem Mast, das Monument in der Mitte des Platzes und das von den Demonstranten errichtete Mahnmal mit dem Bild der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko
    Anhänger der Opposition warten auf dem Maidan in Kiew auf eine Entscheidung (picture alliance / dpa / Andrey Stenin)
    Die Frage nach dem Beschluss der EU-Minister, gegen einzelne Personen in der Ukraine gezielt Einreise-Sperren vorzubereiten und ebenso die Sperrung ihrer Konten in der EU, ist: Wer wird auf dieser Liste stehen?
    "Diejenigen, die unmittelbar für die Gewalt in der Ukraine verantwortlich sind."
    Der österreichische Außenminister, Sebastian Kurz.
    Von Sanktionen betroffen könnten, gemäß des gestrigen Beschlusses der EU-Außenminister, all jene sein, die direkt "verantwortlich sind für Menschenrechtsverletzungen" - der eine oder andere Polizeichef vielleicht. Hohe Sicherheitsbeamte vielleicht. Einzelne gewalttätig gewordene Radikale auf der Seite der Protestierenden vielleicht. An der entsprechenden Liste wird zurzeit gearbeitet. Nicht auf der Liste werden dagegen diejenigen stehen, die politisch und/ oder wirtschaftlich die Strippen ziehen.
    In der Ukraine beherrschen einige wenige reiche Geschäftsleute, die sogenannten ‚Oligarchen’ die Wirtschaft, große Teile der Medien, indirekt die Politik. Sie sind zumeist eng verknüpft mit dem Janukowitsch-Regime, haben aber auch zum Teil Verbindungen zu Protagonisten seiner Gegenspieler. Viele dieser Oligarchen verfügen über erhebliche Vermögen in EU-Ländern: vor allem in Großbritannien, Luxemburg, Zypern und Österreich. Der österreichische Außenminister bestätigt das.
    "Es gibt natürlich Kapital aus der Ukraine in Österreich."
    Zum Beispiel der Kljujew-Brüder. Einer der beiden ist Andrej Kljujew, Janukowitschs Präsidialamtschef und Geschäftspartner. Teile seines milliardenschweren Firmenimperiums haben ihren Sitz in Wien. Oder Dmitro Firtasch. Gas-Baron. Sein, von einigen als ‚dubios’ bezeichnetes, Unternehmens-Konglomerat hat ebenfalls seinen Hauptsitz in Österreich. Oder der kürzlich zurückgetretene ukrainische Ministerpräsident, Mykola Asarow.
    "Der hatte ja nichts Besseres zu tun, als unmittelbar nach seiner Entlassung direkt nach Wien zu fahren, um sich da nach seinen Geschäften zu erkundigen. Und die Straßennamen, die Konten, die Banken sind alle bekannt. Und es wäre gut gewesen, wenn man diese Machenschaften auch schon früher in Anwendung geltenden Rechts beschränkt hätte."
    Das meint Michael Gahler, CDU-Europaabgeordneter. Er spielt darauf an, dass man ohne Sanktions-Beschluss in den EU-Ländern, im Rahmen geltenden Rechts, schon längst hätte genauer hinschauen können, ob es sich denn bei den Geldern der Einen oder Anderen nicht um Erträge aus der Geldwäsche, Schwarzgeld oder unterschlagenes Geld handelt. Diese Fragen waren und sind erlaubt, meint die grüne Abgeordnete im EU-Parlament, Rebecca Harms.
    "Wo kommen denn diese hohen Milliardensummen eigentlich her, mit denen die Familien von Wiktor Janukowitsch oder dem ehemaligen Premier Asarow in Österreich und anderswo ihre Unternehmen betreiben?"
    In die Riege der reichen und superreichen Ukrainer gehört auch Rinat Achmetov, Reichster der Reichen, mit einem geschätzten Vermögen von weit mehr als 15 Milliarden Euro. Sein Firmen-Imperium hat substanzielle Kontakte mit europäischen Banken - auch ihn würden eine Konto-Sperre und ein Einreiseverbot in die EU erheblich schmerzen. Und nicht zu vergessen der ukrainische Präsident Janukowitsch selbst. Er und seine Familie sollen mindestens 200 Millionen, manche sagen bis zu 500 Millionen, angehäuft haben. Sein Finanzreich ist allerdings überwiegend in der Ukraine selbst oder im Nicht EU-Land Liechtenstein. Der Name Janukowitsch ist ohnehin bei Überlegungen, an welche Personen man bei Sanktionen in dieser ersten Runde denken könnte, im Kreise der EU-Außenminister nicht gefallen, sagt ein EU-Diplomat. Man braucht ihn schließlich als Verhandlungspartner. Da stellt sich die Frage, ob er als zumindest politisch Mit-Verantwortlicher zur unerwünschten Person in Europa erklärt werden sollte, augenblicklich genauso wenig wie bei den Oligarchen.