Mehr als vier Tage hat es gedauert. Heute am frühen Morgen war es dann schließlich so weit: Das größte Haushalts- und Finanzpaket der EU-Geschichte steht: "Das ist ein guter, eine starke Einigung, und die richtige Einigung für Europa zur richtigen Zeit", sagte EU-Ratspräsident Charles Michel.
Der Streit ist beigelegt
Die 27 Mitgliedsstaaten einigten sich auf einen Corona-Hilfsfonds. Zusammen mit dem nächsten siebenjährigen EU-Haushalt umfasst es 1,8 Billionen Euro. Der Streit der vergangenen Tage drehte sich um eine Reihe von Punkten an beiden Instrumenten. Vor allem aber darum, wie groß der Anteil der Zuschüsse und wie groß der Anteil der Kredite beim Corona-Hilfspaket sein sollte. 500 Milliarden Euro sah der Vorschlag der EU-Kommission vor und das war auch der Betrag, den Deutschland und Frankreich anvisiert hatten.
Auf Druck einer Gruppe von Ländern - Österreich, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und auch Finnland - sank der allerdings auf 390 Milliarden Euro. Das Gesamtvolumen des Corona-Hilfsfonds blieb jedoch bei insgesamt 750 Milliarden Euro.
Das Finanzpaket soll dafür sorgen, die EU wirtschaftlich wieder auf die Beine stellen, aber auch Investitionen in moderne Politikfelder, Digitalisierung und Ökologisierung bereitstellen. Dafür werden erstmals im großen Stil im Namen der EU Schulden aufgenommen, das Geld umverteilt und gemeinsam über Jahrzehnte getilgt.
"Ich bin sehr erleichtert. Im Februar haben wir es nicht geschafft, jetzt haben wir es geschafft, und das ist ein wichtiges Signal auch über Europa hinaus, dass diese ganz besondere Struktur, dieses ganz besondere Gebilde, die EU bestehend aus 27 Staaten sicherlich mit ganz verschiedenen Hintergründen kommend doch gemeinsam handeln kann", sagte Kanzlerin Merkel am frühen Morgen.
Verhandeln bis zur Schmerzgrenze
Dass die EU-Staaten gemeinsam handeln können, daran hatte es im Laufe der vergangenen vier Tage immer wieder Zweifel gegeben. Es schien, als seien die Gipfel-Teilnehmenden an die Schmerzgrenzen gegangen. Besonders im Fokus die Gruppe der selbsternannten sogenannten Sparsamen Länder.
Ebenso enthalten ist in der Einigung eine Formel, mit der die Auszahlung von EU-Geldern an die Rechtstaatlichkeit gekoppelt ist. Interpretiert wird sie allerdings unterschiedlich. Die Einigung legt die Hürden für Mittelkürzungen deutlich höher, als eingangs von der EU-Kommission vorgeschlagen. Kommissionspräsidentin von der Leyen sprach dennoch von einer "Verbesserung" im Vergleich mit dem ursprünglichen Vorhaben.
Die Klausel soll vor allem gegen Ungarn und Polen wirksam sein, die immer wieder in der Kritik stehen, es mit der Rechtstaatlichkeit nicht genau zu nehmen, inzwischen auch durch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs bestätigt. Ungarische Medien feierten die Einigung als Sieg für Ministerpräsident Viktor Orban.
Das letzte Worte ist noch nicht gesprochen
Mit der Einigung heute ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Auch das EU-Parlament muss zustimmen. Vor allem dort dürfte es Vorbehalte geben, ob Corona-Hilfspaket und Haushalt kraftvoll und innovativ genug sind.