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EU-Urheberrechtsreform
Neuer Kompromiss lässt viele Fragen offen

Ein neuer Vorschlag für die EU-Urheberrechtsreform nimmt Online-Plattformen in Haftungsfragen stärker in die Pflicht - definiert jedoch auch Ausnahmen. Damit wolle man Start-Ups schützen, sagte ARD-Brüssel-Korresponent Samiel Jackisch im Dlf. An grundsätzlichen Bedenken gehe das Papier allerdings vorbei.

Samuel Jackisch im Gespräch mit Antje Allroggen |
    Neon-Pfeil zeigt in eine Wolke
    Die Diskussion um Qualität von Upload-Filtern hält weiter an (imago stock&people / Aeriform)
    In der Diskussion um die EU-Urheberrechtsreform ist es zu einem vorläufigen Kompromiss gekommen. Das geht aus einem Vorschlag der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft hervor, den die Nachrichtenseite Politico veröffentlicht hat. Demnach haben sich Deutschland und Frankreich bei Streitfragen um den umstrittenen Artikel 13 geeinigt.
    Artikel 13 soll die Haftbarkeit von Plattformbetreibern für Inhalte regeln, die ihre Nutzer hochladen. Kontrovers diskutiert worden war vor allem, ob die im Reformvorschlag festgehaltenen Regeln für alle Unternehmen gelten sollen - oder ob es Ausnahmen, zum Beispiel für kleine Unternehmen und Start-Ups, geben soll.
    Filtern mit streng definierten Ausnahmen
    Laut des rumänischen Vorschlags sieht der gefundene Kompromiss eine strenge Pflicht zur Filterung von Inhalten vor, um Urheberrechtsverletzungen auf Online-Plattformen zu verhindern. Außerdem soll es eng gefasste Kriterien für Ausnahmefälle geben.
    Die Filterregelung träfe demnach nur Unternehmen, die schon mindestens drei Jahre aktiv seien, einen Jahresumsatz von mindestens zehn Millionen Euro und mehrere Millionen Nutzer pro Jahr hätten, sagte ARD-Brüssel-Korrespondent Samuel Jackisch in @mediasres.
    Damit wolle man Start-Ups schützen, gleichzeitig aber auch dafür sorgen, dass es keine Schlupflöcher gebe. Kleinere Firmen, die nicht in die Ausnahmekriterien fielen, müssten nachweisen können, "dass sie sich bemühen". Deutschland sei offensichtlich auf Frankreich zugegangen, das zunächst gar keine Ausnahmen gewollt habe.
    Umstrittene EU-Urheberrechtsreform: Bereits 2016 hat die Europäische Kommission einen ersten Entwurf für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Zeitalter vorgestellt. Besonders umstritten waren zwei Artikel: Bei Artikel 11 soll ein Leistungsschutzrecht auf europäischer Ebene geschaffen werden. Bei Artikel 13 geht es um die Haftbarkeit von Plattformbetreibern für Inhalte, die deren Nutzer hochladen. Kritiker fürchten, dass damit die Meinungsfreiheit und die Debattenkultur im Internet gefährdet werden. Zum Hintergrund.
    Zu enge oder zu weiche Kriterien?
    Die Mitverhandlerin Julia Reda von der Piratenpartei kritisiert den aktuellen Vorschlag, insbesondere die aus ihrer Sicht extrem engen Kriterien für Ausnahmefälle. Unzählige völlig harmlose Apps und Webseiten müssten mit der neuen Regelung Uploadfilter installieren. Dies schädige User und Betreiber gleichermaßen, "selbst wenn die Plattform bisher überhaupt kein Problem mit Urheberrechtsverletzungen hat", schreibt Reda auf ihrem Blog.
    Laut eines Berichts der Online-Plattform "netzpolitik.org" zeigte sich auch der Chef-Verhandler des Parlaments, der Unionspolitiker Axel Voss, unzufrieden. Seiner Ansicht nach seien die Ausnahme-Kriterien zu weich. Sie böten immer noch ein Schlupfloch für Plattformen, ihre Aktivitäten schlicht neu zu definieren und damit der Filterpflicht zu entgehen.
    Die Probleme bleiben
    Insgesamt gehe der Vorschlag an Kernbedenken vorbei, sagte ARD-Korrespondent Jackisch. Beispielsweise räume er Bedenken hinsichtlich der sogenannten "Uploadfilter" nicht aus dem Weg. Diese würden weiterhin nicht explizit erwähnt.
    Der Begriff meint automatische Software, mit der Plattformen alles, was hochgeladen wird, direkt prüfen. Kritiker befürchten, dass diese automatisierten Filter Fehler machen und auch blockieren könnten, was eigentlich rechtlich zulässig wäre, zum Beispiel Satire und Zitate.
    Die EU-Staaten besprechen den Vorschlag der Ratspräsidentschaft am Freitag. Der Zeitplan drängt, denn die Legislaturperiode des EU-Parlaments endet am 31. Juni.