Nicht nur der Brexit-Termin wackelt, auch bei der EU-Urheberrechtsreform wird die Zeit knapp. EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas sagte am Mittag:
"Wir nehmen zur Kenntnis, dass der Rat mehr Zeit braucht, um seine Haltung festzulegen. Die Urheberrechts-Richtlinie bleibt eine Priorität für die EU-Institutionen und eine Schlüsselreform für europäische Bürger, Kreative und die Presse. Wir als EU-Kommission werden dem Rat und dem Parlament helfen, eine Einigung so schnell wie möglich zu finden."
Eigentlich war heute ein finales Verhandlungstreffen zwischen Parlament, Kommission und den Mitgliedsstaaten anberaumt: Es wurde abgesagt, weil elf Länder, darunter Deutschland einen Kompromissvorschlag der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft blockierten. Die Streitpunkte: Wie schon in den kontroversen Debatten zuvor, die Artikel 11 und 13.
Ab wann sind Textausschnitte schützenswert?
Artikel 11 sieht ein EU-weites Leistungsschutzrecht für Presse-Verleger vor. Damit sollen Internet-Dienste zur Kasse gebeten werden, wenn sie mehr als kleine Ausschnitte aus Presseartikeln anzeigen. Doch das ist eine Definitionsfrage und da gehen die Meinungen auseinander: Aneinandergereihte Worte, "unwesentliche" Teile, kleinste Ausschnitte, ab wann soll eigentlich lizenziert werden? Julia Reda, Schattenberichterstatterin der Grünen-Fraktion für die Reform:
"Die rumänische Ratspräsidentschaft hatte jetzt vorgeschlagen, dass kleinste Textausschnitte erlaubt werden sollen, aber das ist für manche Mitgliedsstaaten bereits zu restriktiv, die sagen, dass man originelle Redewendungen und Ausschnitte schützt, ist schon ok, aber alles was kleiner als das ist, sollte weiterhin frei bleiben und die haben sich auf diesen Kompromiss nicht eingelassen."
Wer haftet für hochgeladene Inhalte?
Der andere Streitpunkt ist Artikel 13.
Damit werden Plattformbetreiber grundsätzlich haftbar gemacht für urheberrechtlich geschützte Inhalte - also Videos, Fotos und Musikschnipsel - die ihre Nutzer hochladen.
Der Artikel soll die Plattformen dazu bringen, Lizenzen mit Rechteinhabern abzuschließen. Mit sämtlichen Rechteinhabern weltweit Lizenzen abzuschließen, sei ein Ding der Unmöglichkeit, sagen Kritiker und mahnen immer wieder: Mit Artikel 13 würden Plattformen dazu gezwungen, Upload-Filter einzusetzen, die Inhalte auf Urheberrechtsverletzungen scannen und noch vor dem Hochladen blockieren. Auch sei diese Technik fehleranfällig und nicht im Stande zulässige Parodien, Verfremdungen oder nicht länger urheberrechtlich geschützte Inhalte zu erkennen.
Die Beteiligten an der Reform streiten sich unter anderem darum, bis zu welcher Umsatzgröße Plattformen von der Haftungs-Pflicht ausgenommen sein sollen: Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 10 Millionen Euro oder, wie angeblich von Deutschland gefordert, bis zu 20 Millionen Euro. Julia Reda:
Europa-Wahl im Mai lässt Zeit knapp werden
"Also die Plattformen, die eigentlich mit Artikel 13 gemeint sind, also Facebook, Youtube und so weiter, die haben alle Umsätze im Milliardenbereich, deswegen ist diese Ausnahme bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich glaube, die Bundesregierung sollte sich daran erinnern, dass in ihrem Koalitionsvertrag steht, dass Upload-Filter bei Urheberechtverletzungen grundsätzlich abgelehnt werden sollen und deswegen hoffe ich, dass die Bundesregierung hart bleibt."
Die Zukunft der Urheberrechtsreform ist ungewiss und die Zeit bis zur Europa-Wahl am 26. Mai rennt davon: Ein neues Datum für die sogenannten Trilogverhandlungen zwischen Rat, Kommission und Parlament steht nach Kommissionsangaben noch nicht fest.