Arndt Reuning: In der Europäischen Union dürfen ab heute keine Kosmetika mehr verkauft werden, die an Tieren getestet wurden oder für deren Bestandteile das gilt. Dieses Verbot betrifft alle Produkte, egal, ob sie aus der EU stammen oder aus Nicht-EU-Staaten. Viele Tierschutzverbände haben das Verbot begrüßt, aber auch darauf hingewiesen, dass nun die Suche nach Alternativen weitergehen müsse. Darüber habe ich vor der Sendung mit Professor Marcel Leist von der Universität Konstanz gesprochen. Dort leitet er ein Labor, in dem solche Alternativen erforscht werden. Ich wollte wissen, wie er das Verkaufsverbot in der EU sieht?
Marcel Leist: Das ist im Prinzip heute das letztendliche Ergebnis von einem sehr langen Prozess. Das Gesetz wurde auch schon vor vielen Jahren verabschiedet. Und das kommt heute zum Greifen. Das war halt tatsächlich so, dass dieses Gesetz verabschiedet wurde lange Zeit im Voraus, um der Industrie die Chance zu geben, in dieser Zeit Alternativmethoden zu entwickeln.
Reuning: Und wie sieht es da aus? Welche Alternativmethoden gibt es denn?
Leist: Man kann da sozusagen unterscheiden zwischen den etwas niedriger hängenden Früchten. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Wenn die ersten lokalen Schädigungen schon keine Tierversuche mehr verwenden … vor Augenreizungen, Hautkorrosionen, Hautirritationen – also Dinge, die man nicht möchte von einem Shampoo oder von einer Creme. Das war also schon seit 2009 verboten. Und die etwas schwierigeren Bereich, aus wissenschaftlicher Sicht gesehen, wär zum Beispiel die Schädigung der Reproduktion oder Krebserzeugung – also wesentlich komplexere Prozesse. Da hat man gesagt, man gibt etwas mehr Zeit. Das muss bis 2013 ersetzt sein. Und das kam also heute zum Tragen, dass dieses Gesetz letztendlich gilt.
Reuning: Und welche alternativen Methoden gibt es denn nun, um diese Tierversuche zu ersetzen?
Leist: Ein ganz einfaches Beispiel ist die Testung von Hautreizung. Da hat man früher ein Meerschweinchen oder ein Kaninchen rasiert und dann die Substanzen auf die Haut aufgebracht und geschaut, ob es zur Schädigung kommt. Da war es ganz naheliegend zu sagen, warum nehmen wir nicht direkt menschliche Haut – und zwar nicht die, die man jemandem abzieht, sondern, die man züchten kann im Labor. Und das wird inzwischen in großem Maßstab gemacht. Es gibt verschiedene Firmen dafür, die auch schwarze Zahlen schreiben. Das heißt, das ist auch finanziell interessant. Die stellen menschliche Haut her, die für solche Testungen verwendet werden kann.
Reuning: Wie sehen sie das: Sind solche Alternativen denn genauso sicher wie der Test am lebenden Tier?
Leist: All diese Alternativen – da gibt es ein zweites Gesetz – dürfen nur verwendet werden nach einem sogenannten Validierungsprozess. Und das ist ein Prozess, bei dem der Gesetzgeber oder Behörden der EU testen, ob das tatsächlich eine Methode ist, die mindestens so gut ist wie der Tierversuch. Also das ist automatisch schon da. Wenn eine Alternativmethode angewandt wird, dann wurde die vorher validiert und ist mindestens so gut wie der Tierversuch. Bei manchen von diesen Validierungen hat sich auch herausgestellt, dass die Alternativmethode besser ist als der Tierversuch.
Reuning: Weiten wir mal den Blick von der Kosmetikindustrie auf die gesamte Forschung mit Tiermodellen aus: Zeichnet sich da ein Trend hin zu steigenden oder zu fallenden Zahlen der Tierversuche ab.
Leist: Also da muss man differenzieren. Also die Gesamtzahl der Tierversuche ist tatsächlich in den letzten drei Jahren eher steigend. Und das geht hauptsächlich auf Grundlagenforschung oder basisbiomedizinische Forschung zurück, in der sehr viele genetisch veränderte Mäuse verwendet werden. Also wir sind inzwischen bei Zahlen selbst in Deutschland von einer Million genetisch veränderten Mäusen. Und die tragen also komplett zu diesem Anstieg bei. Wenn man jetzt einzelne Domänen anschaut, also in der Toxikologie oder in anderen Bereichen, nehmen tatsächlich Tierversuche ab. Aber diese extrem explosionsartige Zunahme von diesen genetisch veränderten Mäusen führt zu einer Überkompensation und wird insgesamt zunehmen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Marcel Leist: Das ist im Prinzip heute das letztendliche Ergebnis von einem sehr langen Prozess. Das Gesetz wurde auch schon vor vielen Jahren verabschiedet. Und das kommt heute zum Greifen. Das war halt tatsächlich so, dass dieses Gesetz verabschiedet wurde lange Zeit im Voraus, um der Industrie die Chance zu geben, in dieser Zeit Alternativmethoden zu entwickeln.
Reuning: Und wie sieht es da aus? Welche Alternativmethoden gibt es denn?
Leist: Man kann da sozusagen unterscheiden zwischen den etwas niedriger hängenden Früchten. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt. Wenn die ersten lokalen Schädigungen schon keine Tierversuche mehr verwenden … vor Augenreizungen, Hautkorrosionen, Hautirritationen – also Dinge, die man nicht möchte von einem Shampoo oder von einer Creme. Das war also schon seit 2009 verboten. Und die etwas schwierigeren Bereich, aus wissenschaftlicher Sicht gesehen, wär zum Beispiel die Schädigung der Reproduktion oder Krebserzeugung – also wesentlich komplexere Prozesse. Da hat man gesagt, man gibt etwas mehr Zeit. Das muss bis 2013 ersetzt sein. Und das kam also heute zum Tragen, dass dieses Gesetz letztendlich gilt.
Reuning: Und welche alternativen Methoden gibt es denn nun, um diese Tierversuche zu ersetzen?
Leist: Ein ganz einfaches Beispiel ist die Testung von Hautreizung. Da hat man früher ein Meerschweinchen oder ein Kaninchen rasiert und dann die Substanzen auf die Haut aufgebracht und geschaut, ob es zur Schädigung kommt. Da war es ganz naheliegend zu sagen, warum nehmen wir nicht direkt menschliche Haut – und zwar nicht die, die man jemandem abzieht, sondern, die man züchten kann im Labor. Und das wird inzwischen in großem Maßstab gemacht. Es gibt verschiedene Firmen dafür, die auch schwarze Zahlen schreiben. Das heißt, das ist auch finanziell interessant. Die stellen menschliche Haut her, die für solche Testungen verwendet werden kann.
Reuning: Wie sehen sie das: Sind solche Alternativen denn genauso sicher wie der Test am lebenden Tier?
Leist: All diese Alternativen – da gibt es ein zweites Gesetz – dürfen nur verwendet werden nach einem sogenannten Validierungsprozess. Und das ist ein Prozess, bei dem der Gesetzgeber oder Behörden der EU testen, ob das tatsächlich eine Methode ist, die mindestens so gut ist wie der Tierversuch. Also das ist automatisch schon da. Wenn eine Alternativmethode angewandt wird, dann wurde die vorher validiert und ist mindestens so gut wie der Tierversuch. Bei manchen von diesen Validierungen hat sich auch herausgestellt, dass die Alternativmethode besser ist als der Tierversuch.
Reuning: Weiten wir mal den Blick von der Kosmetikindustrie auf die gesamte Forschung mit Tiermodellen aus: Zeichnet sich da ein Trend hin zu steigenden oder zu fallenden Zahlen der Tierversuche ab.
Leist: Also da muss man differenzieren. Also die Gesamtzahl der Tierversuche ist tatsächlich in den letzten drei Jahren eher steigend. Und das geht hauptsächlich auf Grundlagenforschung oder basisbiomedizinische Forschung zurück, in der sehr viele genetisch veränderte Mäuse verwendet werden. Also wir sind inzwischen bei Zahlen selbst in Deutschland von einer Million genetisch veränderten Mäusen. Und die tragen also komplett zu diesem Anstieg bei. Wenn man jetzt einzelne Domänen anschaut, also in der Toxikologie oder in anderen Bereichen, nehmen tatsächlich Tierversuche ab. Aber diese extrem explosionsartige Zunahme von diesen genetisch veränderten Mäusen führt zu einer Überkompensation und wird insgesamt zunehmen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.