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EU will Druck auf Budapest ausüben

Mit Jahresbeginn ist in Ungarn eine neue Verfassung in Kraft getreten. Das neue Gesetzgebung ist umstritten - auch im Ausland. Jetzt sieht die Europäische Kommission eine Möglichkeit, um gegen die Neuregelungen vorzugehen.

Von Volker Finthammer |
    Vor genau einem Jahr, zum Beginn der ungarischen Ratspräsidentschaft fand sich die EU-Kommission in einer ähnlichen Situation wieder, wie in diesen Tagen. Mit dem neuen Jahr war in Budapest auch das neue Mediengesetz in Kraft getreten, das die Regierung trotz mehrfacher Mahnungen aus Brüssel Anfang Dezember mit ihrer bequemen Zwei Drittel Mehrheit im Parlament verabschiedet hatte. Nach dem neuen Gesetz kontrolliert eine Aufsichtsbehörde alle ungarischen Medien, auch deren Inhalte. Bei Verstößen gegen die neuen Vorschriften drohten den Medien hohe Geldstrafen, die manche Publikationen in den Ruin treiben können.

    In Brüssel galt es daher, die Frage zu beantworten, wie hält es die EU mit Mitgliedsländern in denen die politischen Mehrheiten dazu genutzt werden, um demokratische Rechte auszuhöhlen, die, wie die Medienfreiheit eigentlich zu den unumstößlichen Grundprinzipien der Europäischen Union gehören. Und schon damals wurde deutlich, auf welch schmalen Grad sich die EU-Kommission in diesen Fragen bewegt:
    "Wir haben einige Bedenken mit dem ungarischen Mediengesetz und wir haben die Absicht einen Brief zu schreiben, auf den die ungarische Regierung auch antworten soll. Aber da müssen wir uns klar an unsere rechtlichen Spielraum halten, denn Ungarn hat wie jedes andere Land auch das Recht auf unabhängige Entscheidungen."
    Das ungarische Mediengesetz wurde nach dieser Intervention jedenfalls nicht zurückgenommen, sondern lediglich an einigen Stellen entschärft. Außerdem sollten die neuen Regeln zumindest für die Zeit der ungarischen Ratspräsidentschaft ausgesetzt werden. Die ungarische Ratspräsidentschaft ist schon lange vorbei, doch in diesen Tagen bekommt das neue Mediengesetz eine ganz praktische Wirkung.

    Dem regimekritischen Radiosender "Klubradio" soll die Frequenz entzogen werden. Statt kritischer Begleitung im Äther soll ein regierungsfreundlicher Sender für gute Laune sorgen, was US-Außenministerin Hillary Clinton prompt zu einem kritischen Brief veranlasste. Beim US-Sender "Radio Free Europe" der seine Hochzeit eigentlich zu Zeiten des Kalten Krieges hatte, wird bereits darüber nachgedacht, ob man wieder Sendungen in ungarischer Sprache auflegen sollte. Die EU-Kommission will dagegen erst gegen den möglichen Lizenzentzug vorgehen, wenn die Entscheidung auch erfolgreich juristisch anfechtbar erscheint.
    "Klubradio wartet noch auf die Mitteilung, wonach die Lizenz einem anderen Sender zur Verfügung gestellt werden soll. Wir sind uns nicht sicher ob wir da tatsächlich eine juristische Eingriffsmöglichkeit haben werden, aber verfolgen da sehr genau."
    Sagt der Sprecher von Telekommunikationskommissarin Neelie Kroes. Auch wenn in diesen Tage die EU-Kommission gleich mehrere Briefe nach Budapest geschickt hat, weil mit der neuen Verfassung und den kurz vor dem Jahreswechsel beschlossenen Regelungen für die ungarische Zentralbank erhebliche neue Zweifel am Kurs der ungarischen Regierung aufgetaucht sind. Letztlich kann die EU-Kommission nur in Vertragsverletzungsverfahren prüfen, ob die neuen Gesetze gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen und gegebenenfalls Änderungen verlangen.

    Doch viel darf an sich von solchen langwierigen Verfahren nicht erwarten. Anders gesagt Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission werden sicher keinen Kurswechsel in Budapest herbeiführen. Allein die schwierige finanzpolitische Lage des Landes bietet den Partnern einen möglichen Hebel, um die Regierung Orban doch noch auf einen andern Kurs zu bringen. Die Regierung hatte vor einigen Wochen die EU und den IWF erneut um Finanzhilfe bitten müssen. Die im Dezember begonnenen Verhandlungen darüber hatten die internationalen Partner aber wegen des Streits über die Gesetzesänderungen abgebrochen. Sei bestehen darauf, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank gewahrt bleibt und dieses Druckmittel scheint man wirklich nutzen zu wollen.
    Im Moment habe man keine Pläne die Gespräche in Budapest fortzusetzen.
    Doch sollte man sich mit einer Regelung allein für die ungarische Zentralbank zufriedengeben, dann wäre das angesichts der jüngsten Entwicklungen in Ungarn nur ein bescheidener Erfolg der europäischen Partner.