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EuGH-Urteil
Rückschlag für US-Deserteur

Ein desertierter US-Soldat hat wenig Grund zur Hoffnung auf Asyl in Deutschland. Eine drohende Freiheitsstrafe oder die Entlassung aus der Armee könnten nicht als Asylgründe im Sinne des europäischen Rechts gelten, urteilte der EuGH. Entscheidend sei eine andere Frage.

    André Shepherd
    André Shepherd: "Für mich stand plötzlich mein gesamtes Weltbild auf dem Kopf." (imago/epd)
    Im Fall des desertierten US-Soldaten Andre Lawrence Shepherd müssen die Gerichte in Deutschland prüfen, ob die USA im Irak Kriegsverbrechen begangen haben. Das entschied am Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg im Streit um den in Deutschland gestellten Asylantrag Shepherds. Ein Erfolg seines Antrags ist danach möglich, wenn ihm als Wartungsmechaniker eine auch nur indirekte Verwicklung in solche Kriegsverbrechen gedroht hätte.
    Die Entscheidung liege bei den Behörden und Gerichten in Deutschland, betonte der EuGH. Dabei sei allerdings auch zu berücksichtigen, dass der UNO-Sicherheitsrat dem Verbleib der US-Truppen im Irak zugestimmt habe. Zudem müsse die Desertierung die einzige Möglichkeit gewesen sein, dem Kriegseinsatz zu entgehen.
    Shepherd beruft sich auf Gewissensgründe
    Der in Bayern stationierte André Lawrence Shepherd flüchtete 2007 von seinem Stützpunkt, um einem weiteren Einsatz im Irak-Krieg zu entgehen. Nachdem bekannt wurde, dass es keine Massenvernichtungswaffen im Irak gibt, sei er "extrem schockiert" gewesen, erklärte Shepherd vor der Urteilsverkündung im WDR-Fernsehen. "Die <abbr title="United States">US</abbr>-Regierung hatte uns also belogen." Sein gesamtes Weltbild hätte damals plötzlich auf dem Kopf gestanden.
    Im folgenden Jahr beantragte er Asyl in Deutschland und berief sich dabei auf Gewissensgründe. Die Behörden lehnten den Antrag ab, Shepherd klagte dagegen. Er fürchtet, ihm drohe in den USA eine 18-monatige Haftstrafe und die unehrenhafte Entlassung aus der Armee. "Wer gegen das Militär rebelliert, riskiert also nicht nur seine eigene Situation, sondern auch die seiner Familie und vor allem deren finanzielle Unterstützung durch die Army", so Shepard im WDR-Interview.
    "Zweite Heimat Deutschland"
    Dass er nach Deutschland kam, sei "mehr oder weniger Schicksal" gewesen. "Nach europäischem Recht muss man in dem europäischen Land Asyl beantragen, das man als erstes betritt. Das war in meinem Fall Deutschland." Inzwischen sei Deutschland seine "zweite Heimat geworden", so Shepherd, der als Berater bei einem Kabelnetzwerkunternehmen in Bayern arbeitet.
    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun über einige grundlegende EU-rechtliche Fragen entschieden. Nun geht der Fall aber zurück an das Bayerische Verwaltungsgericht in München, das ihn entscheiden muss.
    (bor/sima)