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EuGH-Urteil steht bevor
Fluchtgrund Homosexualität

Ungarische Behörden haben einen Asylbewerber aus Nigeria abgewiesen, weil sein Asylgrund "Homosexualität" in einem psychologischen Gutachten als "nicht glaubwürdig" bewertet wurde. Jetzt soll der Europäische Gerichtshof entscheiden - und könnte auch das Verfahren für die Anerkennung von homosexuellen Flüchtlingen präzisieren.

Von Kai Küstner |
    Werbeschild beim CSD in Berlin
    Der EuGH muss die bestehende Gesetzeslage in Sachen Homosexualitätstest für Asylsuchende präzisieren (imago / Gerhard Leber)
    Nicht nur weil es sich um eine Premiere handelte, sorgte der Fall für Aufsehen: Im Juni vergangenen Jahres gewährte Deutschland erstmals überhaupt einem Mann aus der Kaukasusrepublik Tschetschenien Asyl, weil der in seiner Heimat wegen seiner sexuellen Ausrichtung verfolgt wurde: In der vom Putin-treuen Machthaber Kadyrow regierten Teilrepublik werden Schwule laut Menschenrechtsorganisationen verhaftet, gefoltert und mit dem Tode bedroht.
    Bereits als Russlands Präsident Putin ihn im Mai im Elysée-Palast besuchte, hatte Frankreichs Staatspräsident Macron die Probelme in Tschetschenien nach eigenem Bekunden angesprochen.
    Recht auf Privatspähre muss geachtet werden
    Spätestens seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2013 ist klar, dass Homosexuelle Anspruch auf Asyl haben – sobald erwiesen ist, dass in ihren Herkunftsländern Haftstrafen aufgrund der sexuellen Orientierung verhängt werden.
    Die Frage, die sich den Behörden dabei immer wieder auf’s Neue stellt: Wie lässt sich im Falle jedes einzelnen eindeutig feststellen, dass sie oder er wirklich schwul ist und damit in der Heimat verfolgt wird? Auch dazu gibt es ein EuGH-Urteil aus dem Dezember 2014. Darin steht, dass ein Asylbewerber durchaus Befragungen in Kauf nehmen muss – allerdings muss dabei dessen Recht auf Privatsphäre geachtet, die Menschenwürde respektiert werden:
    "Er darf auch nicht aufgefordert werden, homosexuelle Handlungen vorzunehmen, sich einem Test zu unterziehen oder dass er Videoaufnahmen solcher Handlungen vorlegt. Also all das, was die Persönlichkeit berührt", erläutert der Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland, Manfred Bruns, im Telefoninterview mit dem ARD-Studio Brüssel. Die Grenzen für Asylgrund-Prüfungen sind also bereits gesetzlich abgesteckt.
    Sind psychologische Gutachten zulässig?
    Im konkreten Fall, den der EuGH nun zu entscheiden hat, geht es um einen Mann aus Nigeria, der in Ungarn Asyl beantragte. Ein Psychologe stufte den Nigerianer als nicht glaubwürdig ein. Ein ungarisches Gericht warf im Laufe des Verfahrens aber nun die altbekannte Frage auf, wie sich eine Prüfung verlässlich durchführen lässt und ob psychologische Gutachten eigentlich zulässig seien.
    Der zuständige Generalsanwalt, dem die Richter in den meisten Fällen folgen, befand, unter bestimmten Bedingungen könne ein solches Gutachten rechtens sein. Die ausstehende EuGH-Entscheidung jedenfalls dürfte die bestehende Gesetzeslage präzisieren – und abermals eine wichtige Richtschnur für Gerichte in ganz Europa liefern.