Nachhaltigste EURO aller Zeiten
Wie die UEFA mit einem Klimafonds Amateurvereinen helfen will

Der europäische Fußballverband UEFA verspricht, dass die EURO 2024 die nachhaltigste EM aller Zeiten wird. Eine der wichtigsten Maßnahmen, um das zu erreichen: ein Klimafonds. Davon sollen nicht nur das Klima, sondern auch Amateurvereine profitieren.

Von Maximilian Rieger |
Zu sehen ist aus erhöhter Position das Derby zwischen SSV Eintracht Lommersum und Sportfreunde DHO.
Der Klimafonds der UEFA soll den Amateurvereinen zugute kommen und ihre nachhaltigen, klimaschützenden Projekte mitfinanzieren. (Maximilian Rieger /Deutschlandfunk)
Sonntag-Nachmittag - Derbyzeit: Die zweite Mannschaft des SSV Eintracht Lommersum spielt gegen die Sportfreunde DHO aus den Nachbargemeinden. Neben dem Platz toben ein paar Kinder in einer rot-schwarzen Hüpfburg, ein paar ältere Männer genießen ihr Kölsch und den Sonnenschein. Die Sonne soll bald nicht nur den Aufenthalt am Sportplatz angenehmer machen, sondern auch die Energie für Stromgenerator, Bierwagen und Co. liefern.
„Wir haben schon länger geplant, eine Photovoltaikanlage zu bauen. Auch, weil wir mit Björn hier jemanden haben, der das selbstständig macht,“ sagt Geschäftsführer Marc Peil und deutet auf Björn Bensberg, Spieler in der 1. Mannschaft und Elektrotechniker. „Leider haben uns bis jetzt die finanziellen Mittel dazu gefehlt. Und daher kam dieses Programm eigentlich perfekt für uns.“

Pro Tonne CO2 zahlt die UEFA 25 Euro

Mit „diesem Programm“ meint Peil den Klimafonds, den der europäische Fußball-Verband UEFA zur EURO 2024 eingerichtet hat. Das Prinzip ist einfach: Für jede Tonne klimaschädliches CO2, die durch die EM-Spiele verursacht wird, zahlt die UEFA 25 Euro in den Fonds ein. Sieben Millionen Euro sind es insgesamt.
Dieses Geld verteilt die UEFA an deutsche Amateurvereine, die nachhaltige Projekte umsetzen wollen. Mehr als 4000 Klubs haben sich beworben, viele wollen wie der SSV Eintracht Lommersum eine Photovoltaikanlage bauen oder ihre Flutlichter auf LED umrüsten. Aber auch wassersparende Bewässerungssysteme oder Wärmepumpen wurden beantragt.
“We are very proud, because it’s a new concept” - die UEFA sei sehr stolz auf das neue Konzept, sagt Michele Uva, UEFA-Vizepräsident für Nachhaltigkeit.

Kompensationszahlungen sollen in Deutschland genutzt werden

Die FIFA hatte für die WM 2022 in Katar einen anderen Weg beschritten. Der Weltverband wollte die CO2-Emissionen durch Geld-Zahlungen an zum Beispiel Windparks ausgleichen und dadurch ein klimaneutrales Turnier ausrichten – nach Expertenmeinung ein ungeeignetes Mittel.
Mit dem Klimafonds setzt die UEFA stattdessen eine Idee um, die das Öko-Institut bereits vor mehr als zehn Jahren für den Deutschen Olympischen Sportbund ausgearbeitet hatte, damals aber nicht zur Anwendung gekommen ist.
“Statt klassischen Kompensationszahlungen für Projekte rund um die Erde, ist unser Hauptfokus, dass wir in Deutschland investieren möchten. Wir möchten in Deutschland Wirkung erzielen.“
Statt von klimaneutral spricht die UEFA daher von „Klimaverantwortung.“ Ein Vorteil des Konzepts: Amateurvereine profitieren direkt von UEFA-Geldern. Es ist das erste Mal, dass ein größerer Sportverband damit eigene Profite für nachhaltige Projekte umverteilt.
“Es ist wichtig, dass wir das Geld zurück an den deutschen Fußball geben. Und der Amateurfußball ist die Basis unserer Pyramide. Und es ist sehr wichtig, an der Basis zu starten. Nachhaltigkeit ist ein Prozess, der sowohl von oben nach unten als auch umgekehrt stattfindet.“

Amateurvereine nutzen UEFA-Geld zum Beispiel für Solarpanel

Der SSV Eintracht Lommersum ist einer von 161 Amateurvereinen, die bisher aus dem UEFA-Klimafonds Geld erhalten haben. Knapp 25.000 Euro hat die UEFA bereits auf das Konto des Vereins überwiesen.
Marc Peil: "Wir haben das Geld schon da. Ich weiß gar nicht, wie der Stand ist. Sind die Sachen schon bestellt?"
Björn Bensberg: "Ja, Material ist schon bestellt und ich schätze mal, dass Anfang/Mitte Juni die Anlage installiert werden kann.“
Zu sehen ist das Vereinsheim des SSV Eintracht Lommersum, ein langgestrecktes Haus umgeben von grüner Wiese und ein paar Bäumen. Links hängt an den Bäumen ein Banner mit Vereinsnamen und Vereinslogo.
Auf dem Dach des Vereinsheim vom SSV Eintracht Lommersum sollen die Solarpanel installiert werden. (Maximilian Rieger / Deutschlandfunk)
Die Solarpanel werden auf dem Dach des Vereinsheims installiert, 20 bis 25 Quadratmeter, auf beiden Dachschrägen, sodass die Sonnenenergie den gesamten Tag über gut genutzt werden kann.
„Also bei der Größe der Anlage und dem Verbrauch, den der Verein hat, würde ich sagen, werden mindestens 50 bis 60 Prozent Energiekosten gespart. Allein durch die Kühlschränke, die einen hohen Verbrauch haben, die Tag und Nacht laufen. Mittlerweile haben wir sieben Kühlschränke mit Gefriertruhen, wo dann halt die Getränke und Essen drin sind. Und ja, da hat man dann wirklich schon 50 bis 60 Prozent Einsparungen beim Strom.“

Vereinsprojekte müssen effizient sein

Die Effizienz der Projekte ist auch das Hauptkriterium, wonach ein fünfköpfiges Gremium die Projekte auswählt. In dem Gremium sitzen Vertreterinnen und Vertreter unter anderem von der UEFA, dem DFB und dem Bundesinnenministerium. Außerdem habe man darauf geachtet, dass das Geld in Projekte in alle Regionen von Deutschland fließt, so Michele Uva.
„Durch dieses neue Konzept wollen wir ein Erbe hinterlassen in der Nation, wo wir unser Turnier spielen. Und nach dem Turnier wollen wir andere Sport-Organisationen dazu inspirieren, das gleiche zu machen.“
Allerdings bleibt Uva die konkrete Antwort schuldig, ob die UEFA diese Form des Klimafonds auch selbst fortsetzen wird, sei es bei der nächsten Europameisterschaft oder sogar in den Klub-Wettbewerben wie der Champions-League. Dort entstehen durch die vielen Reisen pro Saison massiv klimaschädliche Emissionen. Um dort einen Klimafonds einzurichten, müssten aber auch die Vereine mitspielen, so Uva. Zunächst werde die UEFA die Auswirkungen des Fonds evaluieren.
Marc Peil vom SSV Eintracht Lommersum zieht bereits jetzt schon ein positives Fazit – nicht nur, weil der Verein etwas gutes für das Klima tut und damit Geld spart.
„Es ist auch so, dass wir sehr gute Resonanz von den Mitgliedern bekommen haben. Also sehr viel Lob dafür, dass wir was in dem Bereich machen. Und wir merken auch immer wieder, wenn man so eine Aktion macht, dass so ein bisschen ein Ruck durch die Mitglieder geht, dass sich wieder mehr Leute interessieren, vielleicht sogar mehr Leute zugucken kommen, weil es sie einfach interessiert, da sind und sehen: Da tut sich was im Verein.“