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Euro-Finanzminister
Defizitverfahren gegen Portugal und Spanien verschärft

Die Euro-Finanzminister haben in Brüssel den Weg für Strafen gegen die Defizitsünder freigemacht. Portugal und Spanien seien nicht konsequent genug gegen ihre Haushaltsdefizite vorgegangen. Die EU-Kommission hat jetzt 20 Tage Zeit, um weitere Schritte einzuleiten.

Von Jörg Münchenberg |
    Euro-Skulptur am Willy-Brandt-Platz vor der alten EZB in Frankfurt am Main.
    Euro-Skulptur in der Frankfurter Innenstadt (dpa / Daniel Kalker)
    Es ist eine Premiere: Die EU-Finanzminister haben heute die Entscheidung der Kommission gebilligt, die Defizitverfahren gegenüber Portugal und Spanien zu verschärfen. Beide Länder hatten das Drei-Prozent-Defizit-Ziel klar verfehlt und auch keine ausreichenden Gegenmaßnahmen eingeleitet. Insofern sei man sich auch unter den Ressortkollegen über das weitere Verfahren einig gewesen, betonte der amtierende Ratsvorsitzende, der slowakische Finanzminister Peter Kazimir:
    "Der Rat steht auf der gleichen Seite wie die Kommission, das ist die wichtigste Botschaft heute, es gab auch keinen Abstimmungskrimi. Die heutige Entscheidung setzt nun ein weiteres Verfahren in Gang, das für beide Länder zu Sanktionen führen kann."
    Allerdings gehen die meisten Beobachter davon aus, dass es allenfalls zu symbolischen Sanktionen gegen Portugal und Spanien kommen dürfte. Verfahrenstechnisch muss die Kommission jetzt innerhalb von nur 20 Tagen über die möglichen Konsequenzen entscheiden. Möglich sind demnach Geldstrafen in Höhe von bis zu 0,2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung sowie das Einfrieren von Mitteln aus den Strukturfonds im kommenden Jahr.
    Strafen könnten am Ende auf "null" gesetzt werden
    Beide Länder können jedoch in den nächsten Tagen Vorschläge unterbreiten, wie sie ihre Haushaltsprobleme in den Griff bekommen wollen. Das könnte dazu führen, dass die Strafen am Ende auf "null" gesetzt werden. Dennoch lobte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ausdrücklich die heutige Entscheidung, zumal die nächsten Schritte genau festgelegt seien:
    "Insofern bedingt die Entscheidung, die wir heute getroffen haben, einen quasi Automatismus, und deswegen ist das eine neue Qualität. Und natürlich insbesondere dieses Risiko, dass Zusagen ab 2017 aus den Strukturfonds ausgesetzt werden können, ist der stärkste Anreiz, der da gesetzt wird."
    Und die hat ihre Wirkung wohl nicht verfehlt: Unmittelbar nach dem Treffen in Brüssel stellte der spanische Finanzminister Louis de Guindos unter anderem eine Anhebung der Körperschaftssteuer in Aussicht, um so die Staatseinnahmen zu erhöhen und das Haushaltsdefizit zu verringern.
    Informelle Gespräche auch über Italien
    Offiziell nicht auf der Agenda der Finanzminister: die Bankenkrise in Italien. Doch schon gestern, bei den Eurofinanzministern, wurde zumindest am Rande darüber gesprochen. Bislang versucht die EU, das Thema eher klein zu halten. Es sei genug Zeit, das Problem zu lösen, erklärte Eurogruppenchef Jerun Dijsselbloem. Die italienische Regierung will Steuermittel einsetzen, um die angeschlagenen Institute zu stützen. Das aber widerspricht den Vorgaben der Bankenabwicklungsrichtlinie, wonach zunächst Gläubiger und Anteilseigner in der Haftung stehen.
    Die neuen Regeln müssten jetzt auch eingehalten werden, so der Tenor bei den meisten Finanzministern. Gleichzeitig gebe es genügend Spielraum für eine zufriedenstellende Lösung. Doch die Zuständigkeit liege ohnehin woanders, betonte Dijsselbloem:
    "Ich habe vollstes Vertrauen in die italienische Regierung, dass sie das Problem bei einigen Banken lösen können. In Übereinstimmung mit den EU-Regeln und in Zusammenarbeit mit der Kommission und der Bankenaufsichtsbehörde. Und ich glaube, das ist noch deutlich vor dem Referendum in Italien möglich."
    Auch der Internationale Währungsfonds drängte heute in seiner Länderanalyse auf eine schnelle Lösung. Die Banken, so der IWF, seien wohl kaum in der Lage, das Problem der notleidenden Kredite allein zu lösen.