Frankreich ist bislang immer drum herum gekommen, bei Portugal und Spanien wollen die Eurofinanzminister aber ernst machen. Heute werden die Minister den Kommissionsvorschlag wohl einstimmig unterstützen, wonach das Defizitverfahren gegen beide Länder verschärft werden soll. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble:
"Ich glaube, wir sind uns hier alle einig, dass wir die Regeln, die wir uns gegeben haben, die ja genügend Flexibilität beinhalten, anwenden müssen."
Gegen das Drei-Prozent-Kriterium verstoßen
Erst in der letzten Woche hatte die EU-Kommission offiziell festgestellt, dass Portugal und Spanien wiederholt gegen das Drei-Prozent-Kriterium des Stabilitätspaktes verstoßen haben, ohne zugleich wirksame Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Das portugiesische Staatsdefizit belief sich demnach 2015 auf 4,4 Prozent – dabei hätte Lissabon schon im zurückliegenden Jahr die Vorgaben des Stabilitätspaktes erfüllen müssen. Spanien hat diese Zielvorgabe für das laufende Jahr, allerdings rechnet die Kommission mit einem Defizit von 3,6 Prozent. Daraufhin hat Brüssel das seit 2009 laufende Verfahren nun verschärft und bekommt dafür Rückendeckung von den Eurofinanzministern, die heute allerdings noch nicht über die eigentlichen Sanktionen entscheiden werden:
"Die Länder haben dann innerhalb von 20 Tagen Zeit, dazu Stellungnahmen abzugeben. Und erst dann hat die Kommission zu entscheiden, sind die vorgeschlagenen Maßnahmen – Begründungen für die Vergangenheit, aber auch Maßnahmen für die Zukunft – ausreichend, um Sanktionen einzuleiten oder auch nicht. Und das wird dann zu beurteilen sein. Und es kann auch sehr unterschiedlich ausfallen für Portugal und Spanien. Soweit ich das beurteilen kann, ist Spanien auf einem weitaus besseren Weg als Portugal".
Förmliche Bestätigung erst in 20 Tagen
So der österreichische Finanzminister Hans-Jörg Schelling. Viele Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Kommission nach der förmlichen Bestätigung durch die Eurofinanzminister in 20 Tagen allenfalls symbolische Sanktionen verhängen wird. Das könnte auch bedeuten, dass die möglichen Geldbußen reduziert oder sogar ganz erlassen werden. Das sei durchaus vorstellbar, räumte gestern auch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem ein.
"Das ist eine Möglichkeit, dass Sanktionen ohne Strafzahlungen verhängt werden. Aber wichtig ist auch: was werden die Länder für die nächsten Jahre vorschlagen, um ihre Probleme zu lösen? Je mehr sie sich hier zu Gegenmaßnahmen verpflichten, desto mehr dürfte das helfen."
Was nicht unbedingt nach drakonischen Strafen klingt, wenn sich beide Länder kompromissbereit zeigen. Für Frankreich wiederum könnte die Stunde der Wahrheit im Herbst kommen. Auch Paris verstößt seit Jahren gegen die Vorgaben des Stabilitätspaktes.
2017 aber, so hat es die Kommission jüngst beschlossen, muss das Drei-Prozent-Kriterium wieder eingehalten werden, andernfalls könnte auch hier eine Verschärfung des Verfahrens drohen. Was allerdings angesichts der bevorstehenden Präsidentenwahlen im kommenden Jahr dann doch wieder als eher unwahrscheinlich gilt.