Asien und der Pazifik sind für die EU zunehmend wichtig. Sagen beide: EU-Ratspräsident Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Barroso.
"ASEM, eine Partnerschaft, die die Hälfte der globalen Wirtschaftskraft umfasst, 60 Prozent des Welthandels und der Weltbevölkerung, ist eine starke Triebkraft in den gegenseitigen Beziehungen geworden", sagt Van Rompuy. Barroso ergänzt: "Die EU-Asien-Beziehungen sind immer wichtiger. Sie haben entscheidende Bedeutung für die ganze Welt."
Wenngleich der asiatisch-pazifische Raum für die EU ein zunehmend wichtiger ist - der seit 1996 alle zwei Jahre stattfindende Gipfel läuft trotzdem normalerweise ziemlich unterhalb des Radars der Öffentlichkeit in den EU-Ländern ab. Das ist diesmal beim 10. seiner Art anders, und zwar hauptsächlich wegen der bilateralen Treffen, zu denen es am Rande des zweitägigen Gipfels in Mailand kommen wird.
Merkel und Putin treffen sich erstmals seit Fußball-WM wieder
Zum Beispiel wird Bundeskanzlerin Merkel zum ersten Mal seit ihrer Begegnung am Rande des Finales der Fußball-WM in Rio im Juli wieder mit dem russischen Präsidenten Putin zusammen kommen. Das passt zu ihrer Strategie, die sie beim NATO-Gipfel in Wales im September so umschrieb.
"Auf der einen Seite Entschlossenheit - ob das jetzt Wirtschaftssanktionen sind - und auf der anderen Seite immer wieder die Offenheit für Gespräche. Diese Doppel-Strategie ist aus meiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg."
Gespräche auch zwischen Putin und Poroschenko
Nicht allzu großen "Erfolg" sollte man wohl von einer anderer direkten Begegnung hoffen: Heute Nachmittag wird der russische Präsident Putin in seinem Hotel in Mailand auch mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko zusammentreffen. Ein Thema sicher: der milliardenschwere Gas-Streit zwischen beiden Ländern, der dazu geführt hat, dass die Ukraine zurzeit keine Gaslieferungen mehr aus Russland bekommt, von denen sie in den kommenden Wintermonaten entscheidend abhängig ist.
Die Ukraine ist weder eines der 51 ASEM-Länder, noch steht die Situation an seiner Grenze zu Russland eigentlich auf der Agenda. Eigentlich. Da es ein informeller Gipfel ist, ohne Beschlusszwang, werden die europäischen und asiatischen Staats- und Regierungschefs ganz sicher diese Kommunikations-Plattform nutzen, um sich auch zu diesem Thema auszutauschen.
China werden Fragen zur Demokratie-Bewegung in Hongkong nicht erspart bleiben
Besonders interessant wird sein, wie sich China, das mit seinem Regierungschef Li Keqiang vertreten sein wird, positioniert. Russland will seine wirtschaftlichen Beziehungen zu dem Land gern ausbauen, um die einschneidenden Folgen der Sanktionen des Westens für die russische Wirtschaft abzufedern. Denn diese Sanktionen werden zunächst weiter Bestand haben. Das ist jedenfalls die Haltung der Bundesregierung, trotz Moskaus Signalen, Teilen der Forderungen des Westens zu entsprechen, etwa russisches Militär von der ukrainischen Grenze zurück zu ziehen.
Dem chinesischen Regierungschef werden in Mailand seinerseits einige offene Worte zum Umgang Pekings mit der Demokratie-Bewegung in Hongkong nicht erspart bleiben. Dazu bietet der ASEM-Gipfel eine gute Gelegenheit, findet der CDU-Europa-Parlamentarier, Herbert Reul: "Ich glaube, ja, weil man in diesen Zeiten solche inoffiziellen Termine braucht, um miteinander zu reden, ohne dass man zu Beschlüssen kommen muss: Beziehungspflege, vielleicht auch ein bisschen ausprobieren, wo Konsense hingehen können. Also, ich glaube, solche Termine sind nicht unwichtig." Aber: "Die Konflikte werden mit Sicherheit da nicht gelöst."
Meinungsaustausch auch über IS-Terror, Ebola und Klimapolitik
Jedoch werden eben zumindest die Meinungen dazu ausgetauscht - auch über den Kampf gegen den IS-Terror in Syrien und im Irak, über Klimapolitik, Energie-Sicherheit, Menschenrechte, den Umgang mit Ebola, die Armutsbekämpfung. Zu welchem konkreten Nutzen allerdings bleibt eine Frage der subjektiven Bewertung. "Europa muss viel mehr Gewicht legen auf den Pazifik, auf Asien - das ist die Boom-Region dieses Jahrhunderts. Ob aber der ASEM-Gipfel das richtige Instrument ist, darf man bezweifeln", findet der SPD-Abgeordnete im EU-Parlament Jo Leinen.