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Europa und der Niedrigzins

Niedrige Zinsen gelten als ein Weg, um die Eurokrise zu überwinden. Durch sie sollen sich Unternehmer leichter Geld leihen können. Der Bundesverband deutscher Banken rechnet damit, dass sich das derzeitige Zinsniveau vorerst nicht verändern wird.

Von Stefan Maas |
    Zwei bis drei Jahre. So lange müssen sich Sparer und Anleger nach Ansicht von Jürgen Fitschen, dem Präsidenten des Bankenverbandes, wahrscheinlich noch gedulden, bis die Phase der niedrigen Zinsen vorüber ist.

    "Es gibt keine Alternative zu der Niedrigzinspolitik, weil die wirtschaftliche Gesamtsituation sie nicht zulässt."

    Zumindest in Europa. In den USA herrsche ein größerer Optimismus – dort zeige sich anhand der Wirtschaftsdaten, dass die Konjunktur wieder Fahrt aufgenommen habe – und dass diese Entwicklung auch nachhaltig sein könnte. Allerdings hatte der Chef der US-Notenbank, Ben Bernanke, auch dort vor wenigen Tagen vor dem Kongress erklärt, die Leitzinsen - aktuell bei 0 bis 0,25 Prozent – könnten durchaus noch eine Weile auf diesem niedrigen Niveau bleiben. Auch die konjunkturstimulierende Politik des lockeren Geldes werde noch eine Weile weiterlaufen. Bis die Wirtschaft wieder nachhaltig wachse, müssten Anleger und Sparer mit den niedrigen Zinsen leben.

    "Man müsste noch hinzufügen, solange die Inflation sich so im Zaum halten lässt, wie das bislang der Fall gewesen ist in den meisten Ländern, mag das noch akzeptabel sein. Nur, es ist für alle erstrebenswert, dass wir wieder zu normalen Bedingungen kommen. Das würde bedeuten, dass sich ein Realzins darstellen lässt, der Sparen nachhaltig unterstützt."

    Der Chef der europäischen Zentralbank, Mario Draghi, habe – so Fitschen - letzten Herbst mit seiner Ankündigung dafür Sorge zu tragen, dass die Wirtschaft hinreichend mit Liquidität ausgestattet sei, für eine Beruhigung auf den Finanzmärkten gesorgt,

    "die sich durchaus positiv von der realwirtschaftlichen Entwicklung abgesetzt hat. Dass wir allerdings noch nicht sagen können, dass wir in einer neuen Normalität angekommen sind. Der Weg dahin wird noch sehr lang sein."

    Die nächsten zwei, drei Jahre seien die Banken aller Voraussicht nach noch damit beschäftigt, nachhaltige, erfolgreiche Geschäftsmodelle zu finden. Damit die Banken

    "unter diesem veränderten Szenario dann gleichzeitig ihrem Anspruch genügen können, für die Realwirtschaft ein stabiler, zuverlässiger Partner sein zu können."

    Deshalb warnte Fitschen, der auch Co-Chef der Deutschen Bank ist, vor der Einführung einer Schuldenbremse für die Branche. Das könnte zu einer Kreditverknappung in Deutschland führen. Besonders in Feldern, die wenig rentabel seien und größere Teile der Bankbilanz ausmachten - Staatsfinanzierung zum Beispiel und langfristige Exportkredite mit Hermesgarantien.

    Die Kritik der Branche entzündet sich an der Diskussion um die Einführung der sogenannten "Leverage Ratio", die das Eigenkapital einer Bank ins Verhältnis zur Bilanzsumme setzen soll. Diese Ratio würde keinen Unterschied mehr machen beim Risikogehalt der einzelnen Bilanzposten. Kredite an Staaten, die bislang als risikolos gelten, würden danach genauso gewichtet wie riskante Kredite.