Wer auch immer von der EU-Kommission sich in den letzten Tagen zu Wort meldete – keiner der Offiziellen vergaß zu erwähnen, dass die richtige Antwort auf die Flüchtlings-Frage immer nur eine 'gesamt-europäische' sein könne. Sollte heißen: Wenn jeder EU-Einzelstaat nur von hier bis zum eigenen Grenzbaum – sprich: an sich selbst – denkt, dann bekommt Europa das Problem nicht in den Griff. "Mitgliedstaaten, die denken, sie können das alleine machen – die irren sich wirklich." Mahnte jetzt noch einmal EU-Kommissions-Vizechef Timmermans im ARD-Interview.
De Maizière beschwert sich, die EU-Kommission erwidert
Doch Kritiker beklagten in den letzten Tagen: wie eine 'Union' verhalte sich Europa beim Umgang mit Flüchtlingen in keiner Weise. Außerdem handle es viel zu gemächlich: "Es ist inakzeptabel, dass die europäischen Institutionen in dem Tempo weiter arbeiten, wie sie das bisher tun." Beschwerte sich der deutsche Innenminister de Maizière. 'Wir können damit ja wohl kaum gemeint sein', erwidert die EU-Kommission. 'Denn wir haben geliefert. Bereits im Mai.' Alles, was man zur Lösung der Krise brauche, stehe in dem damals vorgelegten Aktions-Plan, erklärt Vize-Präsident Timmermans: "Wir warten einfach darauf, dass die Mitgliedstaaten mitmachen. Wir sind dazu bereit. Wir sind fertig."
Tatsächlich hat Brüssel Dinge vorgeschlagen, die zwar Berlin durchaus gefallen, aber eben nicht allen EU-Staaten: eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen in ganz Europa zum Beispiel. Was die EU-Kommission auch will: Sie möchte eine Liste sogenannter sicherer Drittstaaten zusammenstellen. Eine Liste von Ländern also, in die Europa Asylbewerber zurückschicken kann: "Ich rede von Ländern insbesondere im westlichen Balkan. Dort gibt's Länder, die sind Kandidaten für die Mitgliedschaft in der EU. Es kann doch nicht sein, dass Leute aus diesen Ländern Asylbewerber sind."
Verheerende Wirkung auf den Zusammenhalt der EU
Eine solche Liste wollen Deutschland und Frankreich auch. Überhaupt scheint gerade die Bundesregierung dabei zu sein, in der Flüchtlingsfrage Allianzen zu schmieden. Mit Paris. Mit Brüssel. Um doch noch - natürlich im eigenen Interesse - so etwas wie eine 'europäische Lösung' zu finden. Die Frage aber ist: ob das alles schnell genug geht. "Wir haben es mit einer völlig neuen Situation zu tun. Hier müssen die Chefs ran. Nach vielen Griechenland-Gipfeln bräuchten wir jetzt einen Flüchtlingsgipfel. Der wirkliche Lösungen bringt. Und alles zusammenführt." Fordert - im Morgenmagazin von ARD und ZDF - der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok.
Zuständig dafür, eine Krisen-Sitzung der Staats- und Regierungschefs einzuberufen, wäre Ratspräsident Donald Tusk. Wie das WDR-NDR-Studio Brüssel aus EU-Kreisen erfuhr, existieren aber in dessen Haus derzeit keine Pläne für eine solche Zusammenkunft. Ob mit oder ohne Sondergipfel: Stößt Europa im Umgang mit den Flüchtlingen weiterhin an seine Grenzen – bzw. an die der Einzelstaaten – dann könnte das verheerend wirken: für den Zusammenhalt der EU. Und für die Schutzsuchenden sowieso.