Treffen in Frankreich
Europäische Staaten beraten über Ukraine-Kurs - worum geht es in Paris genau?

Auf einem kurzfristig anberaumten Treffen in Paris wollen mehrere europäische Staaten erörtern, wie sich Europa in eine mögliche Friedenslösung für die Ukraine einbringen kann. Die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Barley, sagte im Deutschlandfunk, ein gerechter Friedensschluss für die Ukraine sei nur möglich, wenn die Europäer in die Verhandlungen von USA und Russland einbezogen würden.

    Bundeskanzler Scholz steht vor dem Elysee-Palast neben dem französischen Staatspräsidenten Marcon. Beide tragen dunkelblaue Anzüge, Scholz hebt freundlich grüßend die rechte Hand.
    Bundeskanzler Scholz vor dem Elysee-Palast mit dem französischen Staatspräsidenten Marcon (AFP / LUDOVIC MARIN)
    Es dürfe keinen "aufgedrückten" Frieden geben, der am Ende dem russischen Präsidenten Putin nur mehr Luft und Zeit gebe, sich zu stärken und so erneut zu einer Gefahr für Europa zu werden. Die US-Regierung hatte deutlich gemacht, dass sie kein Interesse an einer europäischen Beteiligung hat. Barley betonte, in Paris gehe es um eine geschlossene Sichtweise. Hier habe man noch nicht alle EU-Mitgliedstaaten an Bord.

    Worum geht es in Paris genau?

    Thema des Treffens ist nicht nur eine mögliche Friedenslösung im Ukraine-Krieg, sondern ganz allgemein die Frage, wie Europa auf den Kurswechsel der USA in der Sicherheitspolitik reagieren soll. Gastgeber ist der französische Präsident Macron. Einer seiner Berater sagte, die europäischen Länder müssten "mehr und besser" für ihre kollektive Sicherheit sorgen.
    Macron empfängt am Nachmittag Großbritannien und einige EU-Länder. Dieses sind nach Angaben des Elysée-Palastes Deutschland, Italien, Polen, Spanien, den Niederlanden und Dänemark - das Land soll die baltischen und skandinavischen Länder vertreten. Zu dem informellem Gipfeltreffen der Regierungschefs werden auch NATO-Chef Rutte, EU-Ratspräsident Costa und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen erwartet.

    Wie positionieren sich die EU-Staaten?

    Bundeskanzler Scholz beschwor vor dem Gipfel in Paris die Einigkeit Europas. Es sei wichtig, alles dafür zu tun, dass Europa stark und geeint bleibe, sagte der SPD-Politiker bei einer Wahlkampfveranstaltung in Kassel.
    Der französische Minister Valls erklärte, Europa befinde sich an einem Wendepunkt in seinen Beziehungen zu den USA. Dies zwinge die Länder mehr denn je, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen und an vorderster Front zu stehen. Der spanische Außenminister Albares erklärte, der russische Angriffskrieg dürfe nicht belohnt werden. Dänemarks Regierungschefin Frederiksen warnte, ein Waffenstillstand dürfe Russland nicht die Gelegenheit geben, seine Armee für einen künftigen neuen Angriff zu restrukturieren.

    Kritik aus Osteuropa

    Kritik am Pariser Treffen kam von Regierungen ost- und südosteuropäischer EU-Staaten: Der ungarische Außenminister Szijjarto sagte, in der französischen Hauptstadt würden sich die "kriegsbefürwortenden" EU-Staats- und Regierungschefs versammeln, um ein Friedensabkommen zu verhindern. Der Regierungschef der Slowakei, Fico, stellte die Teilnahme Costas und Von der Leyens in Frage. Er sagte, die EU habe nicht das Recht, über Auslandseinsätze nationaler Armeen zu entscheiden. Die slowenische Präsidentin Musar bemängelte, die selektive Liste der eingeladenen Staaten mache deutlich, dass nicht alle EU-Staaten gleich behandelt würden.

    Europäische Friedenseinsätze in der Ukraine?

    Im Raum steht auch bereits die Frage möglicher Friedenseinsätze europäischer Streitkräfte in der Ukraine. Frankreichs Außenminister Barrot berichtete vor dem Treffen von "sehr konkreten Gesprächen auf verschiedenen Ebenen", bei denen es um die Entsendung von Truppen insbesondere aus Frankreich, Großbritannien und Polen - den "drei großen Armeen" Europas - gehe. Und in der Tat: Der britische Premierminister Starmer bot bereits Friedenstruppen für die Ukraine an. Auch Schweden schließt eine Beteiligung an einer Friedenssicherung nicht aus. Tusk erklärte hingegen, man habe nicht vor, polnische Truppen in die Ukraine zu schicken. "Aber wir werden die Länder, die in Zukunft solche Garantien geben wollen, logistisch und politisch unterstützen". Polnischen Medien zufolge ist die Regierung in Warschau bislang auch aus historischen Gründen zurückhaltend: Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörten Teile der heutigen Westukraine zu Polen.
    Der Bundeskanzler hält die Debatte für verfrüht: "Es ist ganz wichtig, dass wir uns klar machen, da sind wir leider noch lange nicht", sagte Scholz vor seiner Abreise nach Paris. Es gehe jetzt um die Frage, wie Frieden gewährleistet werden könne, ohne dass über die Köpfe der Ukrainerinnen und Ukrainer hinweg entschieden werde.

    Sind Ergebnisse zu erwarten?

    Ein Sprecher der deutschen Regierung sagte in Berlin, es würden keine konkreten Übereinkünfte erwartet. Nach Einschätzung der Nachrichtenagentur dpa verständigen sich die teilnehmenden Staaten im Idealfall auf eine gemeinsame Strategie im Umgang mit der neuen US-Regierung und deren Vorstellungen von einer Lösung für den Ukraine-Krieg. Konkret könnte es dabei darum gehen, welche Angebote Trump gemacht werden könnten - und was rote Linien seien.
    Die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann rief die europäischen Staaten dazu auf, Stärke zu zeigen. Die USA müssten merken, "dass sie auch Europa brauchen", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im EU-Parlament dem "ZDF-Morgenmagazin".

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    Diese Nachricht wurde am 17.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.