Die Strafzinsen in Höhe von Minus 0,4 Prozent müssen Banken bezahlen, wenn sie kurzfristig Geld bei der Zentralbank parken. Damit sollen sie dazu animiert werden, das Geld lieber in Form von Krediten an Unternehmen zu verleihen. Man beobachte diese Maßnahme, sagte EZB-Präsident Mario Draghi, und man brauche noch Zeit, um sie und ihre Folgen weiter zu analysieren: "Wir haben uns gefragt: Wie stark ist die Profitabilität von Banken insgesamt betroffen von den negativen Einlagezinsen? Wenn wir uns das anschauen sehen wir, dass die Profitabilität der Eurobanken vergleichbar mit denen in Japan ist, höher als die von Banken in Großbritannien, wo es keine Negativzinsen gibt und natürlich niedriger als in den USA."
Die EZB werde das weiter beobachten und entscheiden, ob es aus ihrer Sicht unerwünschte Nebenwirkungen der Strafzinsen gebe. Banken klagen vor allem darüber, dass sie etwa gegenüber der Konkurrenz in den USA schwere Nachteile durch die Strafzinsen hätten.
US-Zolldrohungen verstärken Wirtschaftsflaute
Aus den USA kamen von Präsident Donald Trump gestern auch wieder Drohungen, weiterer Strafzölle gegen die EU einzuführen. Zusammen mit dem Brexit und dem konjunkturellem Gegenwind ist das für die Notenbank ein klarer Unsicherheitsfaktor.
"Natürlich haben wir die Herausforderung des Protektionismus als einen möglichen Faktor aufgelistet, der das Wachstum in Europa und weltweit dämpfen kann. Aber zunächst muss man auch erst einmal sehen was passiert. Denn wie wir in der Vergangenheit gesehen haben: Zwischen Worten und Taten ist oft eine große Kluft".
Abdriften in eine Rezession unwahrscheinlich
Die Konjunkturaussichten für den Euro-Raum jedenfalls haben sich zuletzt deutlich verschlechtert. Zudem ist die Inflationsrate wieder gefallen und hat sich damit weiter von der Zielmarke der Währungshüter von knapp zwei Prozent entfernt. Ein Abdriften Europas in eine Rezession hält die Europäische Zentralbank noch für unwahrscheinlich. Sollte sich die Situation verschlechtern, stünde die EZB aber bereit, Maßnahmen zu ergreifen, um gegenzusteuern. Die Zentralbank habe doch gezeigt, dass sie eine Menge an Instrumenten habe, unterstrich Draghi.
UBS-Chefökonom: "EZB hat zu wenig Munition"
Daran allerdings zweifeln mittlerweile viele Beobachter. So auch der Chefvolkswirt der UBS in Deutschland, Felix Hüfner: "Das ist im Prinzip ein großes Problem. Da muss man auch klar sagen, dass die EZB wenig Munition hat. Sie kann natürlich die Zinsen weiter senken, man kann neue Anleihen kaufen. Aber das ist alles sehr beschränkt. Ich glaube, die Fiskalpolitik wird da mehr in die Pflicht genommen werden und ganz besonders die deutsche".
Ein Instrument derweil bereitet die EZB gerade vor, nämlich eine neue Runde längerfristiger Kredite zu besonders günstigen Konditionen an Banken zu vergeben. Die sollen ab September 2019 bereit stehen. Doch auch hier heißt es: Abwarten. Details zu diesen Geldspritzen wollen Draghi & Co. in einer der kommenden Sitzungen erst liefern.