Ihre Geldpolitik wird die Europäische Zentralbank so schnell nicht ändern, so viel steht fest nach der zweiten Sitzung des EZB-Rats unter Leitung von Christine Lagarde. Aber der hat an diesem Tag offiziell seine Debatte über die neue Strategie begonnen – die erste Überprüfung seit 2003. Damals kämpfte die EZB eher noch gegen zu hohe Inflation, seit der Finanzkrise hat sich das ins Gegenteil verkehrt. Doch die EZB-Präsidentin ließ sich nicht entlocken, ob das Ziel einer Inflationsrate von unter, aber nahe zwei Prozent wohl verändert werde:
"In dieser Hinsicht werde ich mich zurückhalten. Es wäre unfair im Hinblick auf unsere Strategieüberprüfung, die wir heute beginnen. Ich habe meine Ansichten, andere Ratsmitglieder haben ihre. Mein Ziel als EZB-Präsidentin ist, alle Meinungen dazu einzuholen, damit wir zu einer möglichst einvernehmlichen konsistenten Strategie kommen, um unser Mandat erfüllen zu können."
Das Mandat der EZB ist die Preisstabilität, die der Wirtschaft zu mehr Wachstum verhelfen soll. Die Finanzmärkte diskutieren schon heftig, ob die Notenbank eine Spanne für die Inflationsrate definieren soll oder eher einen ungefähren Wert. Auf eine zeitliche Begrenzung wollte sich Christine Lagarde nicht einlassen, sie rechnet jedoch damit, dass die Überprüfung im November oder Dezember abgeschlossen sein dürfte.
EZB will künftig Klimakriterien berücksichtigen
Themen der Strategiediskussion werden auch die geldpolitischen Instrumente sein, die Art der Kommunikation, die Finanzstabilität und auch die Frage, wie die EZB mit dem Klimawandel umgeht. Denn eines machte Lagarde wieder klar:
"Er ist eine Bedrohung und ein Risiko, die bisher kaum gemessen und von vielen Akteuren kaum berücksichtigt wird. Persönlich war ich sehr erfreut, dass der private Sektor nun in dieser Hinsicht aktiv wird."
Die EZB will in ihren eigenen Anlagen - wie etwa Pensionsfonds - Klimakriterien künftig besser berücksichtigen. Man wolle zudem sehen, inwieweit man das Thema auch in die Geldpolitik einbinden könne:
"Wir werden auch prüfen, was die Notenbank tun kann, tun soll, wie stark das mit dem Mandat kollidiert, und wenn das so ist, sollten wir das auch ausdrücklich sagen. Wenn nicht, dann könnte man schauen, welche Nachhaltigkeitskriterien von den Emittenten eingehalten werden."
An der heutigen Sitzung nahmen zum ersten Mal auch Fabio Panetta und Isabel Schnabel teil. Der bisherige stellvertretende Präsident der italienischen Notenbank, hatte zum Jahreswechsel den Franzosen Benoît Cœuré im Direktorium abgelöst. Isabel Schnabel, lange Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, hatte Sabine Lautenschläger abgelöst, die im Herbst zurückgetreten war.