Wer aufgrund seiner Homosexualität Asyl beantragt, muss nach einem EU-Urteil Nachfragen in Kauf nehmen. Allerdings müssen die Behörden dabei die Grundrechte des Antragstellers etwa auf Privatleben achten. Auch die Menschenwürde müsse respektiert werden. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.
Die Richter führten aus, zwar dürften die Behörden Asylbewerber zu "Ereignissen und Umständen, die die behauptete sexuelle Ausrichtung eines Asylbewerbers betreffen" befragen - aber nicht zu Einzelheiten ihrer sexuellen Praktiken. Dies verstoße gegen das Recht auf die Achtung des Privat- und Familienlebens.
Videoaufnahmen mit intimen Handlungen vorgelegt
"Tests" oder "Beweise" der sexuellen Orientierung erklärten die Richter für tabu. Einerseits sei deren Beweiskraft zweifelhaft, andererseits verletzten sie die Menschenwürde. Einer der Asylbewerber hatte einen "Test" angeboten und sich auch bereiterklärt, homosexuelle Handlungen als Nachweis vorzunehmen.
Ein zweiter Antragsteller hatte den Behörden eine Videoaufnahme zugeschickt, auf der er bei "intimen Handlungen mit einer Person gleichen Geschlechts" zu sehen ist. Dies dürften die Behörden nicht akzeptieren, so der EuGH, weil damit ein Anreiz für andere Antragsteller geschaffen werde, solch vermeintliche Nachweise vorzulegen.
Im konkreten Fall ging es um drei Personen, die in den Niederlanden Asyl beantragt hatten. Sie fürchteten nach eigenen Angaben eine Verfolgung in ihren Herkunftsländern. Der EuGH mahnte eine sorgsame und vorurteilsfreie Prüfung an. So müsse jeder Einzelfall individuell untersucht werden. Dass ein Asylbewerber von Klischees geprägte Fragen nicht beantworten kann, dürfe für sich genommen kein Grund sein, ihn als unglaubwürdig einzustufen.
(tgs/cvo)