Das Votum des Generalanwaltes zur europäischen Vorratsdatenspeicher-Richtlinie ist vernichtend. Im Juli hatten zahlreiche Regierungen von EU-Mitgliedsstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg betont, wie wichtig für Strafverfolger eine lange Speicherdauer von Telekommunikations-Verbindungsdaten sei. Generalanwalt Pedro Cruz Villalón zeigt sich nicht überzeugt: Die Höchstspeicherdauer von zwei Jahren sei zu lang, höchstens ein Jahr sei zu rechtfertigen.
Die Richtlinie aus dem Jahr 2006 sieht vor, dass die Telekommunikations-Unternehmen bei sich die Verbindungsdaten speichern müssen – wer hat wann von wo mit wem Kontakt gehabt, per Festnetz, mobil, per SMS oder E-Mail. Auf diese Daten sollen staatliche Stellen dann zur Ermittlung oder Verfolgung schwerer Straftaten zugreifen können.
Hier setzt die zweite, noch grundlegendere Kritik des Generalanwaltes an: Die Richtlinie stelle einen schweren Eingriff in die Grundrechte der EU-Bürger dar. Mit den gesammelten Daten könne getreulich und umfassend ein Großteil des Verhaltens eines Menschen nachgezeichnet werden. Diesen Gefährdungen werde die Richtlinie nicht gerecht. Denn sie sorge nicht selbst für einen verhältnismäßigen und sicheren Umgang mit den Daten, sondern überlasse das den Mitgliedstaaten.
Der Generalanwalt sagt gleichwohl, das Ziel der Richtlinie, die Sicherheit in der Europäischen Union zu verbessern, stehe nicht in Zweifel. Er schlägt dem Gerichtshof deshalb vor, die Richtlinie bestehen zu lassen, wenn innerhalb einer vernünftigen Zeit eine Neuregelung gefunden würde. In drei von vier Fällen folgt der EuGH den Gutachten der Generalanwälte.
Deutschland hat als einziges EU-Land die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umgesetzt. Der Entwurf eines Koalitionsvertrags sieht das aber nun vor. Die SPD hätte gern auf das für das Frühjahr erwartete Urteil aus Luxemburg gewartet. Bundeskanzlerin Angela Merkel dagegen sagte, die Umsetzung solle eines der ersten Projekte der neuen Regierung sein.