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Europäischer Grenzschutz
EU-Parlament segnet Frontex-Ausbau ab

Bis zu 10.000 Frontex-Grenzschützer sollen bis 2027 die Außengrenzen der EU kontrollieren. Doch an der jeweiligen Grenze haben weiterhin die EU- Mitgliedsstaaten die Entscheidungshoheit und nicht die Grenzschutzagentur. Derweil geht die Zahl unerlaubter Grenzübertritte in die EU weiter stark zurück.

Von Malte Pieper |
Eine deutsche Frontex-Beamtin und ein griechischer Beamter suchen bei Mytilini auf der griechischen Insel Lesbos das Meer nach Flüchtlingsbooten ab.
Eine deutsche Frontex-Beamtin und ein griechischer Beamter suchen bei Mytilini auf der griechischen Insel Lesbos das Meer nach Flüchtlingsbooten ab. (imago / Markus heine)
Es ist eine Forderung, die spätestens seit dem letzten Sommer zum Mantra europäischer Regierungschefs gehörte. Vor allem bei denen, die rechts der Mitte zu verorten sind, wie etwa hier Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz:
"Nur wenn es uns gelingt, die Außengrenzen gemeinsam zu sichern, wird ein Europa ohne Grenzen nach innen Realität bleiben."
Aber Kurz stand damit eben nicht allein. Auch Bundesinnenminister Seehofer wiederholte das gerne und oft, von Ungarn Premier Orban oder Polens rechtskonservativer Regierung ganz zu schweigen. Als dann EU-Kommissionschef Juncker das ganze irgendwann nicht mehr hören konnte, ließ er seine Mannschaft folgenden Plan ausarbeiten: Der gemeinsame Grenzschutz, die EU-Agentur Frontex, soll in kürzester Zeit ihr Personal versiebenfachen, auf 10.000 Mann.
Monika Hohlmeier, Tochter des ehemaligen Verteidigungsministers und Ministerpräsidenten von Bayern, Franz-Josef Strauß.
CSU-Europapolitikerin Monika Hohlmeier (Marcus Brandt, dpa picture-alliance)
Jede Menge Sand im Getriebe
Doch anstatt eines großen "Hurra" aus dem "Law-and-Order-Flügel", fing man dort plötzlich an öffentlich zu zweifeln, wie Innenexpertin der europäischen Christdemokraten im Europaparlament, Monika Hohlmeier (CSU), beobachten konnte:
"Die italienischen Grenzschützer wollen sich nicht kontrollieren lassen, auch die Malteser lassen sich nicht gerne auf die Finger sehen, die Griechen möchten, dass sie selbst entscheiden und nicht Frontex auch auf die Finger sieht …"
Sprich binnen kürzester Zeit war bereits wieder jede Menge Sand im Getriebe. Es wurde unter anderem gedroht, nicht das nötige Personal abzuordnen. Herausgekommen ist nun ein, nach Ansicht von Kritikern, kleinstmöglicher Kompromiss. So würde das CSU-Frau Monika Hohlmeier allerdings nie sagen:
"Noch hat auch Frontex nicht den Hut auf, wenn die Beamten an der Außengrenze stehen, sondern es ist immer noch der jeweilige Mitgliedsstaat, so dass es tatsächlich passieren kann, dass Frontex von manchen Stellen einfach weggeschickt wird. Das sind Punkte, mit denen ich auch unzufrieden bin, aber die jetzige Version ist schon deutlich besser, als das was wir vor fünf oder auch sieben Jahren hatten."
Deutsche Polizeibeamte unterstützen auf der griechischen Insel Lesbos die EU-Grenzschutzagentur Frontex.
Deutsche Polizeibeamte auf der griechischen Insel Lesbos im Einsatz für EU-Grenzschutzagentur Frontex. (DIMITAR DILKOFF / AFP)
Zahl illegaler EU-Grenzübertritte geht stark zurück
Trotzdem soll es nach jetzigem Stand bis 2027 dauern, bis Frontex tatsächlich auf das gewünschte Maß ausgebaut wurde. Bis tatsächlich sieben Mal mehr gemeinsame Grenzschützer patroullieren können. Viel entscheidender ist aus Sicht von Grünen-Experte Sven Giegold allerdings etwas anders im jetzigen Vorschlag: Es gehe nur noch um die reine Abwehr von Flüchtlingen:
"Das kann nicht der Sinn einer gemeinsamen Grenzschutzbehörde sein. Der Sinn einer Grenzschutzbehörde ist vielmehr, geordnete Verhältnisse an den Grenzen herzustellen: Menschen zu registrieren. Aber eben nicht mit dem Ziel sie abzuschrecken, sondern mit dem Ziel, dass diejenigen, die einen Schutzanspruch haben, auch ihre Asylanträge stellen können und auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden."
Für die Fraktionschefin der Linken im Europaparlament, für Gabi Zimmer, zeigt das alles aber viel mehr. Für sie ist das ganze fast schon ein Lehrstück, wie Populisten durch vermeintliche einfache Lösung sich am Ende nur selbst matt setzen:
"Sie möchten gerne, dass andere das Problem von ihnen fernhalten. Das würde aber auch bedeuten, dass Gelder aus dem EU-Haushalt stärker für den Ausbau dieser Grenzen eingesetzt werden, insbesondere für das ganze Management, aber genau das wollen sie ja nicht. Auch müssten sie Kompetenzen übertragen, aber das wollen sie natürlich erst recht nicht. Das ist dann der Moment, in dem sie an ihre eigenen Widersprüche kommen und in ihre eigene Falle fallen."
Mit dem zu erwartenden "Ja" bringt die Mehrheit des Europaparlaments am Nachmittag den Ausbau der gemeinsamen Grenzschutzagentur Frontex bis 2027 nun erst einmal auf den Weg.
Wie nötig der ist, wird sich noch zeigen: Im vergangenen Jahr lag die Zahl der registrierten illegalen Grenzübertritte in die EU nur noch bei rund 150.000 - gut ein Viertel weniger als noch 2017 und nur ein Bruchteil der Zahl an Menschen, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise nach Europa strömten.