Die Abgeordneten des Europaparlaments stimmten mit breiter Mehrheit für eine Resolution, in der die Türkei zu dem Schritt "ermutigt" wird. Der 100. Jahrestag der damals begangenen Verbrechen sei eine bedeutende Gelegenheit, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Die Anerkennung der Ereignisse als "Völkermord" solle den Weg für eine "aufrichtige Aussöhnung zwischen dem türkischen und armenischen Volk" bereiten.
Das Parlament unterstützt zudem die jüngsten Äußerungen zu dem Thema von Papst Franziskus, die in der Türkei hohe Wellen geschlagen hatten. Das Oberhaupt der katholischen Kirche hatte die Armenier am vergangenen Sonntag als Opfer des ersten Genozids bezeichnet.
Forderung nach internationalem Gedenktag
In ihrer Resolution schlagen die Abgeordneten auch einen internationalen Gedenktag für Völkermorde vor. Damit solle "das Recht aller Völker und Nationen in der Welt auf Frieden und Würde" in Erinnerung gerufen werden.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte sich schon vor der Resolution abschätzig geäußert. Dies gehe zum einem Ohr rein und zum anderen raus, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu. "Für die Türkei ist es niemals möglich, eine solche Sünde, eine solche Schuld anzuerkennen."
Streit um Opferzahlen
Die Türkei lehnt es als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches strikt ab, von Genozid zu sprechen. Den Gräueltaten waren nach armenischen Angaben 1,5 Millionen Menschen zum Opfer gefallen. Die Türkei geht von deutlich weniger Toten aus. Armenien gedenkt am 24. April offiziell der Massaker an ihrem Volk vor 100 Jahren. Das Europaparlament bewertet die Ereignisse bereits seit 1987 offiziell als "Völkermord".
Hintergrund des Völkermords waren Versuche der 1909 an die Macht gekommenen nationalistischen Jungtürken, ein einheitliches Reich zu schaffen, Türkisch als Einheitssprache und den Islam als alleinige kulturelle und religiöse Basis durchzusetzen. Der Erste Weltkrieg lieferte die Gelegenheit, dieses Konzept durchzusetzen. Nach dem Scheitern der türkischen Offensive gegen Russland im Januar 1915 begann am 24. April die systematische Verfolgung: Zu Tausenden wurde die Elite der Armenier verhaftet und hingerichtet; Zehntausende starben auf Todesmärschen.
(mg/bor)