München - vor dem Hauptsitz des europäischen Patentamts. Fast 2.000 Menschen sind gekommen, um gegen die aus ihrer Sicht unhaltbaren Zustände in der internationalen Behörde zu protestieren. Vor dem riesigen schwarzen Verwaltungsgebäude an der Isar halten viele Demonstranten gelbe Pappschilder hoch. Auf ihnen steht "Hands off our stuff reps" - "Hände weg von unseren Personalvertretern".
Jon Brumme hat ein Mikrofon in der Hand. Eigentlich ist er Personalrat und vertritt die Mitarbeiter des Europäischen Patentamts gegenüber der Behördenleitung. Doch jetzt braucht er Unterstützung: Denn gerade erst wurde der Familienvater suspendiert.
Als Patentprüfer hatte Jon Brumme einen gut bezahlten Job. Jetzt droht dem Vater von fünf Kindern eine fristlose Entlassung.
Genauso geht es Elizabeth Hardon. Die 58-jährige Niederländerin ist seit fast 30 Jahren als Patentprüferin im Gebiet der Biotechnologie angestellt. Seit zwölf Jahren ist sie als Gewerkschafterin Mitglied des Personalrats, in den letzten zwei Jahren als Vorsitzende. Über die Gründe, warum sie suspendiert wurde, darf sie nicht sprechen. Nur soviel:
"Es ist schon sehr belastend und für meine Kollegen noch schlimmer. Ich bin im Vorrentenalter. Aber meine Kollegen sind viel jünger. Für die anderen suspendierten Kollegen ist das sehr, sehr bedrohlich."
Angeblich haben sie und die anderen Personalratsvertreter ihre Kollegen gemobbt. Ausgerechnet Mitarbeitervertreter sollen Kollegen gemobbt haben? So stark, dass sie suspendiert werden mussten? Das klingt unwahrscheinlich. Immerhin ist mehr als die Hälfte der Münchner Belegschaft auf dieser Demonstration erschienen, um ihre Personalräte zu unterstützen.
Wir wollen wissen, was die Demonstranten wirklich bewegt. Doch sobald wir uns mit dem Mikrofon nähern, stoßen wir auf Ablehnung.
"Wir dürfen nicht mit Journalisten sprechen."
Erst als wir versprechen, dass wir alle Stimmen unkenntlich machen, reden die Demonstranten mit uns.
"Warum können Sie mir nichts sagen?"
"Weil wir eine Verantwortung unseren Familien gegenüber haben. Die ganze Familie hängt dran, die Ausbildung der Kinder, die Schule, das Sozialsystem, die soziale Absicherung, alles hängt an diesem Job. Aber wenn wir den Job verlieren, verlieren wir alles."
"Aber man verliert normalerweise nicht so schnell den Job."
"Hier schon."
"Wir sind hier nicht in Deutschland. Das europäische Patentamt fühlt sich außerhalb des deutschen Rechts."
Das deutsche Arbeitsrecht gilt nicht für das Europäische Patentamt
Das Europäische Patentamt ist eine außerstaatliche Institution, deshalb gilt hier das deutsche Arbeitsrecht nicht. Wir bitten Siegfried Broß um eine Einschätzung. Der 69-Jährige war Richter am Bundesverfassungsgericht. Sein Spezialgebiet: öffentliches Recht und Patentrecht. Er erklärt uns, weshalb die Angestellten diesem Arbeitgeber so ausgeliefert sind.
"Ich stelle fest, dass es dort ganz erhebliche Defizite gibt, was die arbeitsrechtliche Stellung der Bediensteten betrifft. Es gibt zwar Personalvertretungen, aber die hat keine konstitutiven Mitwirkungsrechte, sondern kann nur Empfehlungen abgeben, an die der Präsident nicht gebunden ist."
Der Präsident des europäischen Patentamtes ist seit Juli 2010 der Franzose Benoît Battistelli. Er trat mit dem Ziel an, die Kosten zu reduzieren und die Produktivität zu steigern. Aber mit welchen Mitteln?
Während unserer Recherchen wenden sich viele Menschen an uns; sie berichten von Schikanen im Europäischen Patentamt, aber niemand wagt sich vor das Mikrofon. Schließlich erklärt sich ein deutscher Patentprüfer bereit, sich mit uns zu treffen und uns die Hintergründe zu erklären. Da er in Den Haag in den Niederlanden arbeitet, treffen wir ihn auf halber Strecke in Köln. Auch er will auf keinen Fall erkannt werden. Deswegen nennen wir ihn im Folgenden "Claus" und sprechen seinen Bericht nach.
"Der Druck gerade auf die Patentprüfer hat sich enorm erhöht. Das kann man daran lesen, dass die Tage pro Patentprodukt stetig abgenommen haben, das Zeitbudget, das man da hat. Es ist schon sehr fließband-mäßig geworden. Also man kann den komplexen technischen Gebieten der Sache wirklich nur noch – ja - grenzwertig gerecht werden, wenn man mal ehrlich ist. Weil es wird ja nur noch Wert gelegt auf den quantitativen Output."
Wir bitten auch die Verantwortlichen im Europäischen Patentamt in München um ein Interview. Doch wir erhalten eine Absage. Zu einem Hintergrundgespräch ist der Pressesprecher zwar bereit, ein Mikrofon möchte er bei unseren Recherchen nicht dabei haben. Aber er antwortet uns schriftlich:
"Das europäische Patentamt ist hinsichtlich seiner internen Struktur noch sehr stark in den 1970er-Jahren verhaftet: So war etwa das Karrieresystem bis vor Kurzem noch überwiegend auf Beförderung nach Dienstalter bzw. Automatismen und nicht auf Leistung ausgerichtet. Das Amt hat ein jährliches Anmeldewachstum von durchschnittlich vier Prozent zu bewältigen, und dies bei gleichbleibendem Personalbestand und der einzig gangbare Weg zur Effizienzsteigerung führt über Reformen. Die Reformen haben positive Ergebnisse bewirkt: Unsere Produktivität ist im letzten Jahr um zehn Prozent gestiegen, die Produktion gar um 14 Prozent."
Doch der Weg dahin ist fragwürdig. Umstritten ist zum Beispiel der Umgang mit kranken Kollegen.
Seit 2013 dürfen diese während der eigentlichen Arbeitszeit ihre Wohnung nicht verlassen. Erlaubt sind nach der schriftlichen Anweisung, von der Mitarbeiter berichten, nur angemeldete Arztbesuche. Das Patentamt behält sich vor, das mit einem Anruf oder mit einem unangemeldeten Besuch zu überprüfen. Das heißt, eine kranke Angestellte des Patentamtes dürfte sich nicht zu ihrer Mutter oder ihrer Schwester ins Haus begeben, um sich dort pflegen zu lassen. Selbst bei einer ärztlich diagnostizierten Depression dürfen Mitarbeiter tagsüber nicht an die frische Luft gehen. Das Amt hat auf Nachfrage nicht dementiert, dass es diese Anweisung gibt.
Wir lernen einen Mitarbeiter kennen, der wegen seiner schweren chronischen Erkrankung nicht mehr arbeiten kann. Jetzt fühlt er sich ans Haus gefesselt. Auch er möchte auf keinen Fall erkannt werden. Deswegen sprechen wir auch diesen Bericht nach.
"Man hat das Gefühl, dass man ein Verbrecher ist, dass man etwas Falsches gemacht hat, obwohl ich leider einfach nur krank geworden bin. Es fühlt sich wie ein Gefängnis an."
Verschwiegenheitsplficht im Europäischen Patentamt
Wir kennen die genaue Krankheitsgeschichte, dürfen sie aber nicht erzählen. Zu leicht wäre es für das Amt, anhand dieser Daten die Identität unseres Informanten aufzuspüren.
Denn im Europäischen Patentamt herrscht Verschwiegenheitspflicht, die sehr streng ausgelegt wird. Ein Bruch dieser Geheimhaltungspflicht kann zur Kündigung führen.
Wir bekommen Kontakt zu dem Arzt, der nicht nur unseren Informanten betreut, sondern eine ganze Reihe von Mitarbeitern des Europäischen Patentamts. Bei ihm ist es das Gleiche: Auch er fürchtet, dass seine Stimme erkannt wird. Um seine Patienten zu schützen, sprechen wir auch seinen Bericht nach.
"Das Europäische Patentamt geht mit den Patienten so um, dass die Mitarbeiter so verängstigt sind, dass sie im Grunde selbst wenn eine Krankschreibung medizinisch indiziert wäre, sie diese ablehnen, weil sie befürchten, dass sie entlassen werden oder mit negativen Sanktionen belegt werden, wenn sie eine gewisse Anzahl an Fehltagen auf ihrem ‚Konto‘ aufweisen."
Das Patentamt erklärt uns dazu nur schriftlich:
"Die Reform auf diesem Gebiet bezweckt eine wirksame medizinische Prävention durch bessere interne Beratung, Information und Unterstützung. In Folge der stringenteren Praxis auf diesem Gebiet hat sich der durchschnittliche Krankenstand im Amt innerhalb eines Jahres bereits von über 14 Tagen auf 11,5 Tage reduziert."
Während unserer Recherche bekommen wir immer mehr Einblick hinter die Kulissen der Glaspaläste des Europäischen Patentamts. Und wir stellen fest: Die Menschen, die uns ihre Geschichte erzählt haben, sind keine Einzelfälle. Auch andere berichten von der Angst, wegen kleinster Vergehen abgemahnt oder entlassen zu werden. Wir besuchen den Rechtsanwalt Alexander Holtz. Er berät viele Betroffene. Die meisten brauchen nicht nur seinen juristischen Rat, sondern vor allem seelischen Beistand, weil sie mit dem Druck nicht mehr fertig werden:
"Es sind häufig Menschen, die beispielsweise zu mir als Anwalt einmal die Woche kommen, ihre Post mitbringen. Ich muss dann die Post für sie öffnen, weil sie nicht mehr in der Lage sind die Dinge des täglichen Lebens selbst zu erledigen. Es sind Leute, die wirklich in lebensbedrohlicher Situation waren, wo ich froh war, wenn ich sie am Montag wieder erreichen konnte, weil ich nicht wusste, ob sie sich am Wochenende etwas antun."
In den vergangenen drei Jahren haben sich fünf Mitarbeiter des Europäischen Patentamtes in München und in Den Haag das Leben genommen. Einer von ihnen war Wolfgang Schießl. Der 52-Jährige war in der Verwaltung des Europäischen Patentamtes tätig. Eigentlich war er ein verschlossener Mensch, erzählt sein Bruder. Aber im Amt ist er aufgeblüht.
"Ich denke, er ist voll und ganz in der Arbeit aufgegangen. Der war hilfsbereit, er war immer da, er hat versucht, alles genauestens zu machen. Und er war Gott sei Dank bei Kolleginnen und Kollegen sehr geschätzt."
Wie Klaus Schießl erst im Nachhinein erfährt, hatte das Europäische Patentamt seinen Bruder verdächtigt, anonyme Beschimpfungen gegen Vorgesetzte verschickt zu haben. Deswegen gab es ein Disziplinarverfahren gegen ihn und er war vom Dienst suspendiert worden. Klaus Schießl findet im Nachlass seines Bruders einen Abschiedsbrief.
"An meinen Bruder Klaus. Bitte verdamme mich nicht, meine Depressionen waren zu übermächtig. Ich habe im Leben total versagt."
Klaus Schießl ist überzeugt, dass der Konflikt mit dem Europäischen Patentamt einer der Gründe für die Selbsttötung seines Bruders war.
"Wenn er schreibt, er hat Depressionen er kann nicht mehr und gerade an dem Tag, wo wieder ein Brief kommt, wie es mit dem Disziplinarverfahren weitergeht. Ich denke das hat ihm das Kreuz gebrochen."
Das lässt sich ebenso wenig nachweisen wie die Motive für die anderen vier Suizide. Das Patentamt sieht in keinem der Fälle einen Zusammenhang mit der Arbeitssituation:
"Gespräche unseres betriebsärztlichen Diensts, von Kollegen und Managern mit den Familien der Verstorbenen erlauben in allen Fällen keine Rückschlüsse auf berufliche Gründe für den Suizid, sondern stellen persönliche Umstände in den Vordergrund."
Nach dem Tod von Wolfgang Schießl hat das Europäische Patentamt alle weiteren Untersuchungen eingestellt. Nach wie vor wissen seine Verwandten nicht mit Sicherheit, ob er tatsächlich anonyme Briefe verschickt hat.
Im Normalfall hilft bei Konflikten der Betriebs- oder Personalrat
Bei Konflikten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber hilft im Normalfall der Betriebs- oder Personalrat. Deswegen sind diese im deutschen Arbeitsrecht besonders geschützt. Beim Europäischen Patentamt ist das nicht der Fall. Hier sind gerade die Personalvertreter ins Visier der Geschäftsführung geraten. Aus mehreren Quellen erfahren wir von einem Vorfall in Den Haag, der viele Mitarbeiter geschockt hat.
Nachdem ein Personalvertreter in Den Haag abends seinen Arbeitsplatz verlassen hat, bekommt er eine Nachricht, die er nicht mehr sieht. Die interne Ermittlungseinheit des Amtes bittet ihn für den nächsten Morgen um neun Uhr zu einem Gespräch. Sollte er diesen Termin nicht wahrnehmen können, so habe er die Möglichkeit, um 8.30 Uhr zum Amtsarzt zu gehen.
Als der Personalvertreter um 8.45 Uhr am nächsten Morgen wieder ins Büro kommt, hat er keine Zeit mehr, sich auf dieses Gespräch vorzubereiten. Vor allem kann er die umfangreichen Dateien, die der Nachricht angehängt sind, nicht mehr durcharbeiten. Er bittet per E-Mail um Aufschub.
Doch anstatt ihm diesen Aufschub zu gewähren, erscheinen innerhalb von wenigen Minuten zwei interne Ermittler an seinem Platz. Sie überreden ihn, mitzukommen. Was dann hinter verschlossenen Türen geschieht, ist nicht bekannt. Ebenso wenig, was dem Mitarbeiter vorgeworfen wird.
Aber kurz nachdem der Personalrat wieder an seinem Arbeitsplatz erscheint, bricht er zusammen. Seine Kollegen eilen ihm zu Hilfe und benachrichtigen seine Ehefrau. Sie bringt ihren Mann ins Krankenhaus.
Inzwischen ist dieser Personalvertreter dauerhaft krankgeschrieben.
Interne Ermittlungseinheit des Europäischen Patentamtes
Seit einigen Jahren gibt es diese interne Ermittlungseinheit. Sie besteht aus Mitarbeitern der Personalabteilung und ist bei den Mitarbeitern gefürchtet. So auch bei unserem Informanten aus Den Haag, den wir hier "Claus" nennen.
"Da wird man anscheinend auch schon relativ hart angegangen, da wird es auch mal richtig laut. Da wird man schon auch sehr eingeschüchtert, selbst wenn man nur Zeuge ist."
Die interne Ermittlungseinheit des Europäischen Patentamtes ist unter den Arbeitnehmern auch deswegen gefürchtet, weil sie dort die Aussage nicht verweigern können - auch wenn es ihnen schadet. Ist das wirklich rechtens? Das Europäische Patentamt schreibt dazu:
"Das Untersuchungsverfahren im EPA ist kein Strafverfahren, sondern ein administratives Tatsachen-Feststellungsverfahren im Sinne eines Dialogs zwischen beschuldigtem Mitarbeiter und Arbeitgeber. Es entspricht damit der Praxis und den Standards in nationalen und internationalen Organisationen unserer Vertragsstaaten."
Wegen der Immunität des Europäischen Patentamtes gelten deutsche Rechtsgrundsätze bei den internen Ermittlungsverfahren nicht. Ist das wirklich möglich? Ein Amt auf deutschem Boden mit 3.000 Mitarbeitern im quasi rechtsfreien Raum? Wir bitten den Bundesjustizminister Heiko Maas um ein Interview. Er will uns nicht direkt antworten. Zu den umstrittenen Ermittlungsverfahren schreibt sein Ministerium:
"Deutschland hat den Präsidenten des EPA wiederholt und nachdrücklich aufgefordert, die von ihm erlassenen Richtlinien für das Ermittlungsverfahren insofern zu ändern. Dies ist bedauerlicherweise bisher nicht geschehen."
Bloße Aufforderungen seien zu wenig, sagt der ehemalige Bundesverfassungsrichter Siegfried Broß
"Das Bundesverfassungsgericht sagt ausdrücklich, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht die Hand reichen darf für menschenrechtswidrige Behandlungen - und von daher gesehen ist Deutschland als Sitzland schon gefordert."
Doch das Europäische Patentamt ignoriert sogar Urteile der höchsten Gerichte. In den Niederlanden stellte das Oberste Gericht die Verletzung von Grundrechten fest und forderte, dass die Immunität des Amtes aufgehoben wird. Eine endgültige Entscheidung darüber steht noch aus. Der Vizepräsident des europäischen Patentamts, Guillaume Minnoyé, stellte bereits im Vorfeld klar, wie er mit einem möglichen Richterspruch umgehen werde.
Man werde eine Verurteilung durch das Oberste Gericht der Niederlande mit dem Präsidenten des Patentamtes besprechen und dann zu den Akten legen, erklärte er im Interview mit dem niederländischen Fernsehen. Auf die Nachfrage des Journalisten, ob dies heiße, dass er ein Urteil des höchsten Gerichts der Niederlande nicht akzeptieren werde, antwortete er mit einem klaren "Ja".
Wie kann es sein, dass sich eine Behörde nicht an Grundrechte gebunden fühlt und Entscheidungen oberster Gerichte ignoriert?
Macht des Präsidenten
Die Ursachen dafür liegen in der Gründungsgeschichte: Vor mehr als 40 Jahren haben die damaligen Mitgliedstaaten der Patentorganisation ein Regelwerk entwickelt, das dem Präsidenten sehr viel Macht gibt.
"Ich habe den Eindruck, dass hier die Lücken und Spielräume, die durch Vertragsstaaten geschaffen wurden, ausgenutzt werden."
So der ehemalige Bundesverfassungsrichter Siegfried Broß.
Die einzigen, die den Präsidenten stoppen könnten, wären die Mitglieder des Verwaltungsrats. Sie kommen aus den 38 Mitgliedsstaaten. Jedes Land hat eine Stimme, egal ob San Marino oder Deutschland.
In diesem Verwaltungsrat saß auch der Österreicher Friedrich Rödler. Seiner Meinung nach findet seit Jahren keine wirksame Kontrolle der Führungsspitze mehr statt.
"Der Verwaltungsrat stößt an strukturelle Grenzen. Der Verwaltungsrat ist bei seinen Beschlüssen auf jene Informationen angewiesen, die er selbst vom Präsidenten des Amtes erhält - über andere Informationen verfügt er nicht. Und das ist genau die Basis, auf der der Verwaltungsrat seine Entscheidungen trifft. Oder manchmal eben leider nicht trifft."
Inzwischen hat der Verwaltungsrat den Präsidenten aufgefordert, das soziale Klima zu verbessern. Doch viele Mitarbeiter bleiben skeptisch.
Am vergangenen Mittwoch hat das Europäische Patentamt eine Vereinbarung mit der Gewerkschaft FFPE unterzeichnet. Darin wird eine verbesserte Zusammenarbeit vereinbart. Problematisch ist, dass diese Gewerkschaft nur wenige Dutzend Mitglieder unter den Mitarbeitern hat. Die Gewerkschaft SUEPO, die etwa die Hälfte der Belegschaft vertritt, hält diese Vereinbarung für nicht akzeptabel, denn im Konfliktfall ist keine Möglichkeit der Schlichtung vorgesehen. Der Streit wird also weitergehen.
Den beiden Münchner Personalräten Elisabeth Hardon und Jon Brumme wurde im Januar gekündigt. Sie wollen ihre Entlassung intern anfechten. Wenn das nicht klappt, müssen sie in Genf beim Gericht der Internationalen Arbeitsorganisation klagen. Es ist das einzige Gericht, dessen Urteile das Europäische Patentamt akzeptieren muss. Bis es zu einer Entscheidung kommt, können mehrere Jahre vergehen.
Auch einige chronisch Kranke versuchen derzeit in Genf vor diesem Gericht, die aus ihrer Sicht menschenunwürdigen Auflagen des Amtes anzufechten. Jedoch auch hier kann es mehrere Jahre dauern, bis ein Urteil fällt. Das ist mehr als entmutigend, meint der Rechtsanwalt Alexander Holtz.
"Hier geht es um Menschen, Schicksale, um Familien, Kinder, hier geht es um wirklich viel mehr."