An Engagement mangelt es der Lehrerin ganz sicher nicht. Paula Ribeiro da Costa da Silva unterrichtet im Hauptfach Portugiesisch. Auf dem Lehrplan steht der große Entdecker des Landes, Vasco da Gama.
Die Europaschule in Differdingen ist die einzige staatliche luxemburgische Schule, die Portugiesisch als Muttersprache anbietet, fünf Stunden die Woche. Das Konzept folgt der Grundidee der Europaschulen. Das heißt, die Muttersprache wird als Basis genommen, um der Unterschiedlichkeit der Kinder Rechnung zu tragen, sagt Gérard Zens, der Direktor der Schule.
"Als wir die Analyse gemacht haben, welche Sprachen werden denn zu Hause gesprochen, haben wir festgestellt, das ist wie in Babel, das heißt, wir haben sehr viele verschiedene, hauptsächlich europäische Sprachen, die zu Hause gesprochen werden."
Traditionell wird Deutsch und Luxemburgisch gelehrt
Im traditionellen luxemburgischen Schulsystem wird auf Deutsch und Luxemburgisch alphabetisiert und es folgen dann als weitere Sprachen Französisch und Englisch. Im industriell geprägten Süden des Landes, wo ein Querschnitt der Gesellschaft zu Hause ist, sei jedoch nicht jedes Kind auf diese Form des Multilinguismus vorbereitet.
"Kinder, die aus der Migration kommen, haben früher auch schon bei uns die Schulen geschafft. Einige jedenfalls, viele aber nicht. Wieso nicht, weil die Latte, die sie überspringen mussten, für diese Kinder viel höher lag als für mich als Luxemburger. Das Ziel, das die Regierung jetzt anstrebt, ist nicht, die Latte für alle weiter runter zu legen, damit wir mehr Abiturienten bekommen, sondern die Latte für Kinder mit Migrationshintergrund so hochzulegen wie sie in etwa für die Einheimischen liegt."
Muttersprachlicher Unterricht in Europaschulen
Mit dem starren Sprachenkonzept seien der Gesellschaft letztendlich Kompetenzen verloren gegangen, deshalb sei das Konzept der Europaschulen, das lange Jahre nur Kindern von Europabeamten offen stand, für breitere Bevölkerungsschichten geöffnet worden. Erstaunlicherweise aber muss Zens bei den Eltern mehr werben als ihm lieb ist.
"Wir versuchen den Eltern zu erklären, dass es für ihre Kinder am besten ist, wenn man auf die Muttersprache draufbaut. Das ist aber in der Bevölkerung noch relativ schwierig zu verstehen, weil viele portugiesische Bürger sagen, wir haben die Wahl gemacht, nach Luxemburg zu kommen und unsere Kinder, die zweite Generation soll die Landessprachen lernen, da ist das Portugiesische nicht mehr so wichtig."
Dieser Beitrag gehört zur fünfteiligen Reportagereihe "Moseltal statt Atlantikküste – Portugiesen in Luxemburg".
Obwohl inzwischen 95.000 Portugiesen in Luxemburg leben, immerhin 16 Prozent der Bevölkerung, gehört Portugiesisch nicht zu den offiziellen Landessprachen. Aber es ist nach Luxemburgisch und noch vor Französisch die Sprache, die im Land hauptsächlich gesprochen wird. Das gilt auch für die Schülerinnen und Schüler der Klasse S3 in Differdingen.
"Ich hab gar keine richtige Muttersprache, wir reden Französisch, Portugiesisch und Luxemburgisch zu Hause, und dann auch noch Deutsch, das wäre schwierig geworden."
Am Schuldeutsch vorbeizukommen, das habe den Ausschlag gegeben für die Differdinger Schule, sagt Béatrice.
"Deutsch ist nicht mein Ding."
Weiter vorne sitzt Natalia. Sie ist vor zwei Jahren aus Brasilien nach Luxemburg gekommen und beantwortet Fragen am Liebsten auf Englisch.
"Ich fühle mich hier mehr zu Hause als in Brasilien, du hörst jede Menge Sprachen, Dialekte alles Mögliche und in Esch gibt es auch eine große brasilianische Gemeinschaft."
Sprachangebot bringt Vorteile
Eigentlich käme sie super zurecht, aber ihre Mutter sei der Auffassung, Französisch müsse nun auch noch sein.
"Meine Mutter meint, das sei wichtig für mich, ganz ehrlich, ich weiß allerdings nicht so genau, wieso eigentlich?!"
Ja und Ben, der Banknachbar, er kam vor etwa zwölf Jahren aus Australien. Zu Hause spricht er überwiegend Portugiesisch und Englisch, zuweilen aber auch Luxemburgisch und Französisch. Bevor er auf die Europaschule kam, hat er das traditionelle Schulsystem durchlaufen und spricht deshalb auch Deutsch. Im Sprachenangebot sieht er nur Vorteile.
"Viele Sprachen lernen, so dass ich in verschiedenen Ländern wohnen kann und die Kultur auch lernen kann."
Problem: Berufsschulausbildung
Die Kinder vor allem diejenigen, die erst ein paar Monate im Land seien, profitierten enorm von der Möglichkeit, in der Muttersprache unterrichtet zu werden, sagt die CO-Rektorin, Elisabeth da Silva.
"Weil wir der Muttersprache den Wert geben, den sie verdient."
100 Schülerinnen und Schüler nutzen die neuen Möglichkeiten. Und noch ist nicht ganz klar, wohin die Reise geht, denn die Berufsschulausbildung müsse noch angepasst werden. Die technisch-gewerbliche Ausbildung basiert noch überwiegend auf der deutschen Sprache, das aber könne so nicht bleiben, sagt Gérard Zens.
"Es ist ganz klar, wenn man jetzt andere Wege der Alphabetisierung denkt im öffentlichen Luxemburger Schulsystem, wenn man Portugiesisch und Englisch als Muttersprache mit reinbringt, dann muss man auch Berufsausbildung anders denken, als das bislang der Fall war."
Es wird noch immer gebaut am internationalen Campus in Differdingen. Europa sagt der Schulleiter, ermögliche es den Menschen hinzugehen, wo sie wollten und zu arbeiten, wo sie wollten. Nun sei es an der Zeit, den Kindern, die mit den Eltern mitziehen, die gleichen Chancen einzuräumen.