Europawahl
Auf der Suche nach Antworten

Warum hatten die Brüsselkritiker so großen Erfolg? Was bedeutet dieser für die EU-Politik? Und: Wer wird Kommissionspräsident? Nach der Europawahl müssen die Parteien viele Fragen klären. Bei einigen könnte dies Wochen dauern.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 26.05.2014 in Berlin während einer Pressekonferenz im Konrad-Adenauer Haus.
    Wer soll künftig Europa steuern? Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht in dieser Frage entscheidend mit. (dpa/Michael Kappeler)
    Für Joachim Gauck steht an Tag eins nach dem Ende der Europawahl in den 28 Mitgliedsstaaten fest: Die Verantwortung tragen von nun an die neu gewählten Parlamentarier. Gauck rief zur Erneuerung der europäischen Idee auf. Das Plenum werde viel heterogener sein als in der vergangenen Legislaturperiode, sagte der Bundespräsident vor Diplomaten in Frankfurt am Main vor dem Hintergrund der Stärkung antieuropäischer und europakritischer Parteien.
    Gauck betonte aber auch: Die proeuropäischen Parteien verfügen über eine große Mehrheit der Stimmen. Allerdings sprechen sie noch keine einheitliche Sprache.
    Reihen der Konservativen nicht geschlossen
    Vor allem die Frage, wer das Amt des EU-Kommissionspräsidenten übernimmt, bewegt die politischen Gemüter. Für CDU-Vize Armin Laschet stand im DLF-Interview fest: "Ganz klar wird es Jean-Claude Juncker." Der siegreiche EVP-Spitzenkandidat beansprucht das Amt an der Spitze der mächtigen EU-Behörde für sich. Einen anderen Präsidenten könne er sich nicht vorstellen: "Vergessen Sie das sofort."
    Allerdings haben die Konservativen im Parlament mit 28,5 Prozent oder 214 Sitzen keine ausreichende Stimmenzahl, um den Luxemburger ins Amt hieven zu können. Sie müssen im Parlament Mehrheiten organisieren. Auf die Stimmen rechtsextremer Parteien will Juncker dabei nicht zurückgreifen. Die Reihen der Konservativen sind aber nicht geschlossen. So hat der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban bereits angekündigt, seine national-konservative Partei Fidesz werde nicht für Juncker stimmen.
    Auch die mit 25,17 Prozent zweitstärkste Kraft, die europäischen Sozialdemokraten, rechnen sich weiter Chancen aus. Und der Fraktionsvize der Linkspartei, Dietmar Bartsch, kündigte im Deutschlandfunk an: Die Linke im Europäischen Parlament werde nicht Juncker zum EU-Kommissionspräsidenten wählen. Vom Gegenkandidaten der Sozialisten, Martin Schulz, werde man jedoch Gesprächsangebote annehmen.
    Merkel: Kompromisskandidat möglich
    Doch der Kandidat muss nicht nur im Parlament eine Mehrheit finden, sondern vor allem den Rückhalt der EU-Staats- und Regierungschefs, sagte der Europa-Experte der CDU, Gunther Krichbaum, im Deutschlandfunk. Sie haben das Vorschlagsrecht, das Parlament muss mit absoluter Mehrheit zustimmen. Morgen kommen die Staats- und Regierungschefs zusammen, um über die Nachfolge von Kommissionschef José Manuel Barroso zu beraten. Dabei wollen sie laut Diplomaten noch keinen Namen für die Besetzung des Toppostens nennen.
    Und in Deutschland muss Bundeskanzlerin Angela Merkel erst einmal ihre eigene Koalition in Berlin auf einen Nenner bringen. Ein Gespräch mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer wurde für Montagabend angesetzt. Die CDU- und Regierungschefin selbst rechnet mit wochenlangen Verhandlungen über die Besetzung der künftigen EU-Spitzenfunktionen. Zwar müssten die Staats- und Regierungschefs das Wahlergebnis "berücksichtigen", sie könnten aber auch einen Kompromisskandidaten benennen.
    (bor/swe)