"Die CSU kämpft für ein starkes Bayern in Europa": Dieser Satz von Parteichef Horst Seehofer findet sich auf der Internetseite der Partei. Dort kommt auch gleich Generalsekretär Andreas Scheuer zu Wort: "Wir wollen ein bürgernahes, schlankeres Europa, in dem die Freiheit und Eigenständigkeit der Regionen gewahrt wird."
Auf der Seite findet er sich denn auch der "Europaplan" der Christlich-Sozialen Union. Gegliedert in sechs Punkte, und gleich unter Punkt 1 ("Für ein Europa der Freiheit") wird klargestellt: Eine EU-Mitgliedschaft der Türkei überfordert beide Seiten, auch die Ukraine braucht keine Beitrittsperspektive. Und: "Freizügigkeit kann nicht freie Wahl der günstigsten Sozialsysteme bedeuten". Was das für denjenigen bedeutet, der sich daran nicht hält, formuliert die CSU unmissverständlich: "Wer ungerechtfertigt Sozialleistungen abruft, soll Deutschland verlassen und darf nicht wieder einreisen." Zu kritisch? Horst Seehofer wiegelt ab: "Ich greife das auf, was die Bevölkerung besorgt", sagte er im Kloster Andechs, wo seine Partei über den "Europaplan" berät.
Ganz sorglos kann die Partei nicht auf die Wahl blicken. Nikolaus Neumaier berichtet im Deutschlandfunk, die Europawahl könnte für die CSU einen Rückschlag bringen: Seit die 3-Prozent-Hürde gekippt worden sei, müsse die Partei mit Einbußen rechnen. Intern gehe man von sechs Mandaten aus - statt acht wie bislang.
Bayerisch eingefärbte AfD-Variante?
Die Kritiker - zum Beispiel die Grünen - interpretieren den "Europaplan" der CSU allerdings ein wenig anders. Ihr Spitzenkandidat Sven Giegold sieht die Partei in Andechs vor einer entscheidenden Weichenstellung. Er fragt sich: Begibt sich die CSU auf den Weg zu einer bayerisch eingefärbten Variante der "Alternative für Deutschland"? Will sie zu einer anti-europäischen Partei werden, die nur noch auf das Schüren von Ressentiments gegen Brüssel setzt? Letztlich, so Giegold, wäre es konsequent, wenn die CSU den Verbund der Europäischen Konservativen (der EVP) verließe, denn vereinbar seien die Positionen nicht mehr.
Noch ein Blick in den umstrittenen Europaplan: In Punkt 2 ("Für ein Europa der Bürger") finden sich die schon vieldiskutierten Volksentscheide - sprich: zu europäischen Fragen sollen die Menschen direkt gefragt werden. Den Grund nannte der CSU-Politiker Ramsauer im Deutschlandfunk:
"Die Bevölkerung hat zu Recht das Gefühl vermittelt bekommen, dass auch in Alltagsfragen hinein viel zu sehr zentralistisch regiert wird, dass auch elementare Grundfragen der Staatlichkeit so sehr von den Ländern weg verlagert wird, ihnen Souveränität entzogen wird und auf europäische Ebene verlagert wird."
Und weiter geht es, gegen die "Regulierungswut" aus Brüssel, für eine Halbierung der Anzahl von Kommissaren, gegen "erstickende Flut von Bürokratie". Liest man diesen Europaplan, fällt es nicht leicht zu glauben, dass man es bei der CSU nicht mit einer klar EU-kritischen Partei zu tun hat.
Zuviel Aber zerstört das Ja
Dementsprechend deutlich fällt denn auch die Kritik aus: Der CDU-Europaparlamentarier Elmar Brok sagte "Spiegel Online": "Wer das Aber zu groß macht, zerstört das Ja." Noch deutlicher wurde Herbert Reul - er ist Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament: "Es gibt einige Forderungen, die sind einfach überflüssig, weil sie nur bestimmte, europakritische Stimmungen bedienen sollen. Ausdrücklich nannte er die Halbierung der EU-Kommission und den Ruf nach Referenden: "Da ist von vornherein klar: Das kommt nicht. Aber die CSU will damit offenbar potenzielle AfD-Wähler binden."
Horst Seehofer lässt all das ungerührt. Er verkündet in Andechs: "Beste Laune, schönstes Wetter, exzellente Umfragen." Und: Er habe eben noch mit der Kanzlerin telefoniert, alles bestens, die Zusammenarbeit sei herzlich.