"Ich weiß mehr über den Wunsch zu vergessen, als die meisten anderen Menschen", sagt ein Mann bedeutungsschwer. Man nimmt ihm diesen Satz ab, denn sein Name ist Rainer Höß. Sein Großvater Rudolf organisierte im Zweiten Weltkrieg den Massenmord in Auschwitz. Nun will der Enkel den Vormarsch von Rechtspopulisten und Rechtsextremen bei der Europawahl stoppen.
Mit einem Spot, in Auftrag gegeben von der Schwedischen Sozialdemokratischen Jugendliga SSU. Er läuft im Fernsehen, im Kino und auf YouTube – wurde da bereits 180.000 Mal geklickt.
„Wir dürfen unsere Vergangenheit nicht vergessen, egal wie sehr es auch schmerzt. Denn wenn wir vergessen, wird sich die Geschichte wiederholen", warnt Höß in dem 72-Sekunden-Video.
Rainer Höß' Großvater hat das Vernichtungslager Auschwitz aufgebaut und von 1940 bis 1943 geleitet. Er wurde als Kriegsverbrecher 1947 zum Tod durch den Strang verurteilt und am Ort des ehemaligen Lagers hingerichtet.
Die Rechtspopulisten könnten im Europaparlament enorm zulegen. Umfragen sehen Front National, Flams Belang, UKIP und Co. bei bis zu 20 Prozent. Höß gibt in seinem Spot keine Wahlempfehlung, er fordert aber die Zuschauer auf: "Vergiss nicht zu wählen."
Profit mit der eigenen Familiengeschichte?
Ganz unumstritten ist der Enkel allerdings nicht. So warf ihm der "Welt"-Journalist Alan Posener vor, mit seiner Familiengeschichte auf Profit aus zu sein. Unter anderem kritisierte er, dass Rainer Höß der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem Erinnerungsstücke seines Großvaters zum Kauf angeboten habe.
2012 strahlte die ARD eine Dokumentation des israelischen Filmemachers Chanoch Ze'evi aus, bei dem es auch um Rainer Höß geht. Sie trägt Titel "Meine Familie, die Nazis und ich". Laut Posener kamen Journalisten, die Höß beim Dreh in Polen, Israel und Deutschland erlebt hatten, zu dem Schluss, dass dessen Empathie "allein seiner eigenen Person gilt, dass ihn der Holocaust langweilt, sofern es nicht um ihn und seinen Großvater geht."