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European Games
Zum Überleben bleibt wohl nur die Fusion

European Games gegen European Championships: Die Europaspiele in Krakau konnten gegen die European Championships 2022 in München nicht punkten. Trotz Olympia-Quali führten sie medial ein Schattendasein. Am Ende wird es wohl nicht beide Events geben.

Von Piet Kreuzer |
Die Rumänin Kinga Barabasi im Duell mit der Französin Amelie Julina im Teqball bei den European Games in Krakau
Der Stellenwert der European Games ist trotz Olympia-Qualifikation überschaubar. Speziell medial standen die Europaspiele im Schatten der European Championships. (dpa / picture alliance / Dominika Zarzycka)
Am Sonntag enden die European Games. Das Multi-Sport-Event steht in Konkurrenz zu den European Championships. Medial führen die Europaspiele in Deutschland ein Schattendasein, aber laut EOC-Präsident Spyros Capralos befindet sich die Veranstaltung der Europäischen Olympischen Komitees auf einem guten Weg.
Die dritte Auflage der European Games sei die bisher beste. Das sagt Spyros Capralos, Präsident des Europäischen Olympischen Komitees. Die Spiele im polnischen Krakau sind die ersten, die in einem EU-Staat stattfinden.
"Ich denke, wir haben eine große Evolution hinter uns. Wir haben jetzt aus sportlicher Sicht ein Top-Level. Früher hatten wir noch Junioren-Wettbewerbe im Programm, heute haben wir viele Europameisterschaften in vielen Sportarten, bieten wir Qualifikationen oder Ranglistenpunkte für Olympia an. Das ist der große Unterschied."

Erste Ausgaben in autokratischen Länder

Die Premiere 2015 im aserbaidschanischen Baku und das Event vier Jahre später im belarussischen Minsk standen in der Kritik der Öffentlichkeit, speziell von Menschenrechtsorganisationen. Denn an der Spitze der beiden autokratischen Länder stehen die Diktatoren Illam Aliyev und Alexander Lukaschenko.
Aliyev hatte sich die Spiele mehr als eine Milliarde Euro kosten lassen und damit Maßstäbe für spätere Ausrichter gesetzt, die aber niemand erreichen konnte. So war ein Ausrichter in demokratischen Staaten erst einmal nicht zu finden. 2019 sollten die European Games in den Niederlanden stattfinden, aber die Regierung verweigert damals Zuschüsse.

Krakau setzt neue Maßstäbe

Kurzfristig wird die Veranstaltung nach Minsk verlegt. Aus finanziellen und zeitlichen Gründen mit einem abgespeckten Programm. Krakau setzt jetzt neue Maßstäbe, meint DOSB-Leistungssportchef Olaf Tabor.
"In der Sache ist es sicher so, dass das eine Veranstaltung ist, die in seiner momentanen Entwicklung, die wir sehr begrüßen, hinsichtlich der Wertschätzung und auch der Bedeutung, die die bekommen hat mit den olympischen Qualifikationen und den Meistertiteln, die hier vergeben werden, durchaus auch eine interessante Veranstaltung ist."

Stets im Schatten der European Championships

Bisher standen die European Games immer im Schatten der European Championships, deren letzte Ausgabe in München für große Begeisterung gesorgt hat.
Tabor glaubt, dass es auf Dauer nicht beide Events geben werde. Denn auf keinem anderen Kontinent gebe es zwei so solch ähnliche Veranstaltungen. Das sieht EOC-Präsident Capralos anders. Ein großer Unterschied: Bei den European Games können sich die Sportlerinnen und Sportler für Olympia qualifizieren.
„Sehr wichtig ist, dass wir mit dem Internationalen Olympischen Komitee vereinbart haben, dass die Kontinentalspiele wie die PanAm Games, die Asienspiele und die Europaspiele Qualifikationsmöglichkeiten für Olympia anbieten. Es ist wichtig, das fortzusetzen. Denn das verstärkt die Beziehung zwischen uns und den Athleten, den Verbänden sowie den Nationalen Olympischen Komitees der teilnehmenden Länder.“

European Championships haben andere Zielsetzung

Auch Marc Jörg, einer der Gründer der European Championships, meint: Seine Veranstaltung habe eine ganz andere Zielrichtung.
„Die European Championships sehen wir als Destination, das heißt, als Titel, den wir möglichst erstrebenswert machen wollen. Es ist eine große Errungenschaft, der Beste in einer Disziplin in ganz Europa zu sein. Wir brauchen keine Qualifikation zu einem anderen Event zu sein, sondern wir möchten die European Championships so positionieren, dass sie eine ganz wichtige Funktion für sich selbst sind.“
Ein anderer wesentlicher Unterschied: Die European Games sind eine Neugründung der olympischen Bewegung. Die Championships sind dagegen das Produkt einer privaten Organisation, die schon existierende Wettbewerbe zusammenfasst.
Auch der Zeitpunkt, wann die Veranstaltungen stattfinden, hat mit den Zielen der beiden Events zu tun. Die Championships sind in der Mitte einer Olympiade positioniert, um den Stellenwert der Titel zu garantieren. Die Games finden immer ein Jahr vor Olympia statt. Damit sich die Sportler für die Sommerspiele qualifizieren können, aber auch als Generalprobe für das Leben in Athletendörfern. Genau dies wollen die Championships nicht, meint Marc Jörg:
„Das ist ein positiver Aspekt für die Athleten bei Olympia, ist aber ein Kostenfaktor für die Städte. Und wir versuchen im Gegensatz, solche Athletendörfer zu vermeiden.“   

Kosten für Championships sind niedriger

Insgesamt seien die Kosten für die Championships niedriger – und die mediale Präsenz höher.
„Wenn man große Sportevents organisiert und einem Organisator heute auch einen Gegenwert geben will, dann braucht er seine Öffentlichkeit. Dann braucht es ein Interesse, und da wird sich mir die Frage stellen, ob die Qualifikation für Olympia im Publikum noch genügend Interesse schafft.“ 
Bei den European Championships ist seit Beginn die Europäische Rundfunkunion EBU dabei, zu der auch ARD und ZDF gehören. Entsprechend liegt das Hauptaugenmerk der Öffentlich-Rechtlichen auch auf den Championships, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky unter der Woche auf den Neuland-Kongress.
„Bei den European Championships waren wir in der Gesamtkonzeption über die EBU sehr stark beteiligt und haben daran mitwirken können. Und mussten uns da auch erst mal darauf konzentrieren, weil auch diese Großereignisse in dieser Form mit dem Aufwand können wir auch nicht ohne Grenzen umsetzen.“

Medial begeistern die European Games nicht

Die Championships in München waren für ARD und ZDF ein Publikumserfolg, auch dank viel Werbung im Vorfeld. Das mediale Interesse an den European Games ist hingegen immer sehr gering.
Am Anfang haben Spartensender das Event übertragen, in Deutschland zum Beispiel Sport1. Im vergangenen Jahr hat sich die EBU die Rechte gesichert. In diesem Jahr berichten Sender in 40 Ländern live aus Kraukau – Deutschland ist aber nicht darunter.
„Die Rechte liegen bei der EBU für andere Länder. Aber für Deutschland haben wir nur Nachverwertungsrechte. Also wir haben keine Live-Rechte erworben.“
Das habe aber nichts damit zu tun, ein Event klein zu halten, meint Balkausky..
„Der Wettbewerb war bislang in seiner Gesamtheit und so, wie er sich dargestellt hat, nicht das, was wir uns vorstellen, dass wir uns mit großem Geld daran beteiligen. Für uns waren die European Championships, wo wir selber anders steuern konnten, viel wichtiger und wesentlicher, und da haben wir das Geld, das wir zur Verfügung haben, dafür investiert.“