Benedikt Schulz: Wir bleiben beim Thema Hochschulfinanzierung, ein heißes Eisen ja nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Heute und morgen beschäftigt sich das sogenannte Funding-Forum an der italienischen Uni Bergamo mit der Frage, wie muss Hochschulfinanzierung in Zukunft aussehen. Mehr als 200 Teilnehmer aus Wissenschaft und Politik versuchen da, einer Antwort auf die Spur zu kommen, also ganz schön ambitioniert, das Ganze.
Veranstaltet wird das Forum von der European Universities Association, und dort zuständig für den Bereich Hochschulfinanzierung ist Thomas Estermann, den ich vor dieser Sendung in Italien erreicht habe. Meine erste Frage war: Wie steht die europäische Hochschullandschaft finanziell da, im Jahr sechs der Euro-Krise?
Thomas Estermann: Vereinfacht gesprochen kann man sagen, es gibt ungefähr die Hälfte der Länder, die wir beobachten, also das sind ungefähr 28 innerhalb Europas, haben über diesen Zeitraum die öffentliche Finanzierung zurückgefahren, haben gekürzt. Es gibt nach wie vor Länder, die investieren, im Wesentlichen sind das die Länder im Norden Europas, und im Süden und Osten Europas sind die meisten Länder mit Kürzungen.
"Mit öffentlicher Finanzierung allein entsteht ein Problem"
Schulz: Sie wollen jetzt auf dieser Konferenz Ideen diskutieren, neue Ideen diskutieren, wie man Geld in die akademische Bildung bekommen kann – was sind denn da vielversprechende Ansätze?
Estermann: Im Prinzip ist klar, wer die Entwicklung sieht innerhalb der letzten acht Jahre, ist es klar, dass mit öffentlicher Finanzierung allein und in vielen Ländern steigenden Studierendenzahlen irgendwo ein Problem entsteht, wenn nicht über zusätzliche Finanzierungsquellen nachgedacht wird. Im Prinzip werden es keine wahnsinnig großen neuen Ideen zu zusätzlichen Quellen herauskommen.
Es geht vielmehr darum, die einzelnen Instrumente auch vernünftig einzusetzen, also die verschiedenen Einnahmequellen, die es zusätzlich gibt, sind natürlich einerseits Studierendenbeiträge, aber auch Finanzierungen von Wirtschaft und Industrie, Fundraising-Aktivitäten. Und was wir uns auch natürlich ansehen, sind Bereiche – in welchen Bereichen können Universitäten effizienter agieren?
"Drittmittel können keine stabile öffentliche Finanzierung ersetzen"
Schulz: Wir haben ja in den vergangenen Jahren in Deutschland den Trend erlebt, eben weg von – oder sukzessive von dieser staatlichen Vollfinanzierung weg, hin zu einer Art Mischfinanzierung, auch durch Drittmittel. Liegt denn darin, sagen Sie das so, die Zukunft der Hochschulfinanzierung, oder ist das nicht vielleicht auch ein fataler Trend, dass sich die öffentliche Hand auf die Art und Weise aus der Grundfinanzierung zurückzieht?
Estermann: Das ist sicherlich klar, dass hier Drittmittel eine stabile öffentliche Finanzierung nicht ersetzen können. Und hier hängt es, je nach System, davon ab, wie ist der richtige Mix zu finden? Das hängt natürlich einerseits auch von der wirtschaftlichen Stabilität des einzelnen Landes ab, aber ganz klar ist, nur zu sagen, Universitäten müssen mehr Drittmittel hereinbringen, ohne zu sehen, dass es natürlich gewisse stabilitätsunsichere Faktoren mitbringt, das geht nicht.
Wichtig ist zu sehen, wie können solche Mechanismen nachhaltig gestaltet werden? Also, wenn Anreize in öffentlichen Finanzierungstools sind, dann müssen auch die so ausbalanciert werden, dass auch die, die erfolgreich Drittmittel einwerben, auch ihre Kosten entsprechend abdecken können.
Wichtig ist auch, interne Anreize zu setzen, dass also auch die gesamte Universitätslandschaft innerhalb der einzelnen Universität, also öffentliche Akteure, Forscher, Akademiker auch mit eingebunden sind, denn ohne die geht es eben auch nicht. Interne Kommunikation ist sehr wichtig, dass hier auch die einzelnen Akteure wirklich an einem Strang ziehen, damit man hier auch zentral steuern kann.
"Universitäten müssen besser nach außen kommunizieren"
Schulz: Müssen die Hochschulen ihre Marketingabteilungen aufstocken, langfristig?
Estermann: Es geht sicherlich sehr stark auch um Kommunikation. Also ich würde eher den Begriff verwenden. Das haben wir auch in der Vergangenheit gesehen, dass natürlich Universitäten, und das machen sie zum Großteil auch schon, sehr stark kommunizieren müssen auch, in welchen Bereichen sie aktiv sind, wo haben sie ihre Stärken, damit natürlich auch die Akteure außerhalb der Universitätslandschaft wissen, was macht denn jetzt die Universität in meiner Region?
Wofür steht die, wo hat sie ihre Stärken, hier natürlich Kanäle zu benützen, die man vielleicht vorher nicht benutzt hat, also um auch Akteure anzusprechen, die vielleicht nicht so die Kenntnis haben, was jetzt die Universität speziell macht.
Schulz: Im Gespräch war das Thomas Estermann, bei der European Universities Association zuständig für den Bereich Hochschulfinanzierung. Das Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.