Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) wird reformiert. Statt Banken zu rekapitalisieren wird er künftig einen sogenannten Backstop haben, erklärte Guntram Wolff, Direktor der Denkfabrik Bruegel, im Dlf. Der solle Geld für einen Abwicklungsfond bereit stellen. Wenn eine Bank Pleite gehe, greife der Fonds, der wiederum durch den Backstop abgesichert sei. De facto seien die Details aber so komplex gestaltet, dass es sehr schwer werde, dieses Instrument zu nutzen.
Die Bedingungen für Hilfe sind demnach so detailliert dargestellt, dass in der Praxis - wenn tatsächlich eine große Bank an einem Wochenende gerettet werden müsste - die Instrumente unpraktikabel wären.
Misstrauen führt zu schlechten Regeln
Hintergrund sei ein Misstrauen gegenüber dem Abwicklungsfonds als Behörde. "Es geht auch um Misstrauen gegenüber anderen Ländern. Es steht immer der Verdacht im Raum - sowohl in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern -, dass am Ende dieses Instrument vor allem in anderen Ländern genutzt wird." Man müsse sich aber darüber im Klaren sein, dass es um ein gemeinsames Instrument für alle europäischen Länder gehe und "wir als Deutsche durchaus auch auf dieses Instrument irgendwann einmal zugreifen müssen."
Reichen Bankenrücklagen?
Dass Banken gezwungen seien, sich so zu finanzieren, dass sie im Fall einer Krise einen Großteil der faulen Kredite auf ihre eigenen Gläubiger abwelzen können, bezeichnete Wolff als Schritt in die richtige Richtung.
"Natürlich ist dann die Frage: Wenn's mal wirklich kracht und wir eine große Bank haben, die sehr systemisch ist und die mit vielen anderen Banken zusammenhängt, ob man dann genug Instrumente hat, um das nur durch die Bankgläubiger abzuwickeln. Oder ob man nicht den Abwicklungsfonds nutzt, der von den Banken finanziert ist. Und ob dann das reicht, ist die Frage."
Bis zu 60 Milliarden seien im Abwicklungsfonds. Darüber hinaus könne man auf den ESM als Hilfe zugreifen.
"Es ist der Versuch gemacht worden, dass der Steuerzahler keinen Cent zahlen muss. Ich glaube, wenn es wirklich zu einer großen systemischen Bankenkrise kommt, dann wird der Steuerzahler doch tatsächlich wieder zumindest teilweise dran kommen. Aber ich glaube, dass es weniger sein wird, als wir es 2008, 2009, 2010 hatten."
Systemisch relevant ist zum Beispiel die Deutsche Bank
Ein Beispiel für eine systemische Bank sei die Deutsche Bank. "Diese Bank ist riesig - ihre Bilanzsumme ist 60 oder 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukt Deutschlands. Die hat natürlich einige Puffer. Aber wenn es hart auf hart kommt, reichen diese Puffer vielleicht nicht." Das hätte Auswirkungen aufs gesamte europäische Banksystem.
Allerdings sei aktuell keine Bankenkrise in Sicht. "Aber Verbesserungen sollte man ja gerade dann machen, wenn die Sonne scheint und nicht, wenn's regnet. Insofern kann ich nur dafür plädieren: Man muss jetzt handeln! Jetzt kann man sich eher auch einigen auf Mechanismen, die auf europäischer Ebene Sinn machen. Weil wenn wir dann in einer Krise sind und keine vernünftigen europäischen Mechanismen haben, kommen wir wieder dahin zurück, dass jedes Land auf sich alleine gestellt ist und dass wir dann wieder systemische Effekte haben, dass ganze Länder untergehen."
Die Regeln seien zu kompliziert, aber besser als gar nichts.
EU-Budget? Nichts Neues...
Vom Eurozonen-Budget zeigte sich Wolff hingegen enttäuscht: "Ich glaube nicht, dass wir da tatsächlich einen Schritt nach vorne gekommen sind. Das Eurozonen-Budget ist so letztlich eine Variation des derzeitigen EU-Haushalts. Man kann nur sehr schwer erkennen, wo der Mehrwert ist zu dem aktuellen EU-Haushalt."